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radu m|rculescu - Memoria.ro

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Radu M!rculescu: Leid und Erleuchtung in der sowjetischen Gefangenschaft 261<br />

der Meinung waren, dass wir „mit dem Theater das verdammte «Elfenbein» los<br />

sind, das unsere Rücken krümmt.“<br />

Eine Woche danach wurde ich wieder zur „Hohen Pforte“ bestellt. Diesmal<br />

wusste ich, das Terle]chi mich empfangen würde (ich hatte ihn im Lager<br />

gesehen) und zog mich vorsichtigerweise etwas dicker an. Man weiß ja nie, was<br />

eintreten kann. Die „Alba” befand sich nur ein paar Schritt weg vom Bü<strong>ro</strong>.<br />

Petric\, der, ich weiß nicht von wo, davon erfahren hatte, trat mir wie ein<br />

Heinzelmännchen in den Weg.<br />

„Pass auf, was du machst! Hör nicht auf jene, die Theater spielen<br />

möchten, bloß das «Elfenbein! los sein wollen. Wir sind alle im selben Boot. So<br />

wie es allen geht, so soll es auch uns gehen. Wir dürfen uns keine Privilegien<br />

schaffen!“<br />

„Mach dir keine Sorgen, Petric\! Wie ich sehe, bist du dazu<br />

übergegangen, mein Gewissen zu ersetzen. Es ist nicht nötig, dass du meine<br />

Gedanken wiederholst. Ich weiß, was ich zu tun habe!“ Und schickte ihn weg.<br />

Terle]chi empfing mich vexiert.<br />

„Ich habe gehört, Sie haben Fräulein Tamara einen Korb gegeben. Wie<br />

war denn so etwas möglich?” (Tatsächlich, ich kam mir vor wie ein Monster. Wie<br />

konnte ich denn so unritterlich sein und den Vorschlag eines so zarten uns<br />

sensiblen Wesens wie Fräulein Tamara ablehnen?)<br />

„Sie wollen in amerikanischem Stil arbeiten”, fuhr Terle]chi fort, „mit<br />

riesigen Schauspielsälen, mit Scheinwerfern und all jenen g<strong>ro</strong>ßen Maschinen wie<br />

in Hollywood, aber wir hier arbeiten mit dem, was wir haben, nicht damit, was sie,<br />

die Amerikaner haben.”<br />

Ich ertrug soviel Dummheit nicht mehr und spürte, dass ich auf keinen<br />

grünen Zweig mit ihm kommen konnte, wenn ich weiterhin technische Gründe für<br />

die Ablehnung anführte. Er würde stets Gegenargumente finden. Zugleich<br />

verspürte ich die dringende Notwendigkeit, mit offenen Karten zu spielen und die<br />

Dinge beim Namen zu nennen, auf Teufel komm raus. Die Empörung und die<br />

Revolte, die sich mit der Zeit in mir wie in einem „Krug des Zornes” angestaut<br />

hatten, d<strong>ro</strong>hten nun, überzufließen, sozusagen vor dem Tag des Zornes.<br />

„Oh, nein, Herr Kommissar. Nicht der kleine Saal hindert mich daran, zu<br />

spielen.”<br />

„Was denn?”, fragte er verwundert. „Mir scheint, etwas dergleichen wurde<br />

dem Fräulein gesagt.”<br />

„So ist es. Ich hielt es damals für angebracht, einen Vorwand anzugeben,<br />

ich gestehe dies, gerade um ihre Empfindlichkeit zu schonen und mit ihr nicht ein<br />

Gespräch über den wahren Grund meiner Ablehnung zu führen.” Terle]chi<br />

machte g<strong>ro</strong>ße Augen. „Und welches ist denn der wahre Grund?”<br />

„Die drastische Verhärtung der Behandlung, der wir seit einiger Zeit<br />

unterzogen werden: erschöpfende und erniedrigende Arbeiten, wie<br />

Baumstämme auf dem Rücken oder gleich Rindern vor Schlitten gespannt zu<br />

schleppen, die wiederholten Gewaltanwendungen seitens der Wachsoldaten, die<br />

mitunter zuschlagen, bis das Blut spritzt. Und wenn Blut fließt, wer hat denn da<br />

noch Lust auf Theater?”

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