04.09.2013 Aufrufe

radu m|rculescu - Memoria.ro

radu m|rculescu - Memoria.ro

radu m|rculescu - Memoria.ro

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Radu M!rculescu: Leid und Erleuchtung in der sowjetischen Gefangenschaft 289<br />

beschloss, mich gut zu fühlen und mein ausgezeichnetes Gefühl auch den<br />

anderen mitzuteilen. Bei dem schwachen Licht einer Glühbirne versuchte ich zu<br />

zählen, wie viele Eingeschlossene wir denn waren. Wir waren nicht mehr als 50.<br />

Darunter die hochrangigen Offiziere angeführt von unserem Seelenvater, dem<br />

guten und freundlichen, aber nicht weniger entschiedenen und zähen Oberst<br />

Stelic\ Dumitriu, nebst seinem untrennbaren Kompagnon Major Costin<br />

Dumitrescu, genannt „Copilu“, dann die Oberste Mar]ian, Cojan, {tefanovici,<br />

Po[ulescu und Grigu]\ R\dulescu, die Majore Apostolache und Deciu, die<br />

Hauptmänner Chihaia und Gic\ Moisescu sowie der sympathische und<br />

eigenartige Opa Romei Vasilescu, mein Interpret im Basar der Illusionen. Aus<br />

meiner ehemaligen Truppe hatte ich noch Sandu Cump\t\ und Hauptmann Petre<br />

Dinescu, den erfinderischen Kostümbildner, dabei. Neben meinem Bett befand<br />

sich das des spitzzüngigen, aber auch rigu<strong>ro</strong>s logischen und unbarmherzigen<br />

Rechtsanwalts Alecu Tr\istaru, und gegenüber jenes von Nicolae Ispas, ein<br />

einzelgängerischer und verschwiegener Mann mit unbeugsamem Willen. Aber<br />

die anderen P<strong>ro</strong>testler bis zu der Zahl 70, darunter auch Victor Clonaru und Nae<br />

Cojocaru, wo waren sie? Wurden sie in den Karzer gesteckt? Nein, vorläufig<br />

nicht, denn durch die Ritzen eines Brettes am Fenster hatte ich sie gesehen, wie<br />

sie um den Isolierraum herumschlichen und versuchten, Verbindung mit uns<br />

aufzunehmen. Wir wurden aber gut bewacht von den Tschassowojs. Der Appell<br />

wurde drinnen gehalten. Wir wurden nie an die Luft gebracht. Inzwischen hatten<br />

wir Juli. Die Hitze war erdrückend. Die zugenagelten Fenster ließen kein<br />

Lüftchen herein. Ständig hatten wir das Gefühl zu ersticken. Es war wie in<br />

Auschwitz. So verging etwa eine Woche, bis Ispas vom Dienst habenden Offizier<br />

verlangte, ihn zum Rapport vor den Kommandanten rauszulassen.<br />

„Was willst du denn melden?“, fragte ihn dieser.<br />

„Das Gefängnisreglement sieht das Recht auf Luft für jeden<br />

Eingekerkerten vor. Warum wird uns Gefangenen, die wir hier eingekerkert sind,<br />

dieses Recht verweigert? Sehe Sie nicht, dass wir hier ersticken?“ Am Tag<br />

darauf gingen sie dazu über, uns vor dem Zapfenstreich vor den Eingang an die<br />

Luft zu bringen. Obschon es eine vorgeschrittene Stunde war, war es, dank des<br />

Breitengrades, auf dem wir uns befanden, sowie auch, weil die<br />

Sommersonnenwende erst unlängst vorbei war, noch ziemlich hell draußen.<br />

Einmal kamen unsere Jungs, als sie uns draußen sahen, auf uns zu. Die beiden<br />

Tschassowojs versuchten, sie aufzuhalten. Ich befand mich auf der linken<br />

Flanke, vor mir machte mir Gabi Constantinescu ein Zeichen. Auf der rechten<br />

Flanke näherten sich Soso C\tuneanu und Mircea Popescu den Tschassowojs,<br />

jeder von ihnen auf je einen einredend, ihnen doch zu erlauben, uns Zigaretten<br />

zu geben. Selbstverständlich lehnten die beiden ab, unsere Leute aber gaben<br />

nicht nach und näherten sich ihnen weiter, die Tschassowojs fluchten und<br />

d<strong>ro</strong>hten, und im selben Moment schoss Gabi vor und warf mir eine Schachtel<br />

Streichhölzer zu und verschwand. Soso und Mircea zogen sich auch zurück. Es<br />

war bloß ein Ablenkungsmanöver, um Gabi Deckung zu geben. (Der Einfall ist<br />

eine typische Operation der Kavallerie, und zwei von ihnen – Gabi und Soso –<br />

waren Reiter.) Ich öffnete die Schachtel. Drin war ein Zettel mit folgendem Text:<br />

„G<strong>ro</strong>ßer Aufruhr in M=n\st=rka. Es gibt P<strong>ro</strong>testaktionen und<br />

Arbeitsverweigerungen am laufenden Band. Haltet durch!“ Tatsächlich, auch

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!