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radu m|rculescu - Memoria.ro

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Radu M!rculescu: Leid und Erleuchtung in der sowjetischen Gefangenschaft 217<br />

angefertigten Gerät entspulte und dann mit dem der entsprechenden Note<br />

gemäßen Durchmesser wieder aufspulte. Was die Bögen betrifft, da gab es kein<br />

weißes Pferd, welches ins Lager kam, ohne seinen Schwanzhaarzoll zu zahlen.<br />

Und den Lack, der entscheidend ist für den Klang der Geigen, den beschaffte er<br />

sich auch aus den Harzen der Taiga, die er nach nur ihm bekannten Methoden<br />

behandelte. Freilich waren seine Instrumente keine Stradivari-Geigen, aber sie<br />

klangen schön und befanden sich – meinten die Violonisten – auf dem mittleren<br />

Niveau dessen, was die Läden für Musikinstrumente in Bukarest zu jener Zeit<br />

anboten. Der „Operette“ zu Ehren hatte er sich nun ein paar Gehilfen genommen<br />

und bereitete etwa fünf Geigen und zwei Cellos für uns vor, womit wir den Bedarf<br />

des Orchesters gedeckt hätten.<br />

Die Kostüme schneiderte, wie auch für Don Juan, Hpt. Petre Dinescu mit<br />

Geschick und Talent aus allem Möglichen. Ein paar bunt gestreifte Pyjamas, die<br />

wir von den Deutschen ausgeliehen hatten, ein paar Unterhemden und<br />

Unterhosen aus Flanell verwandelten sich im Nu in Rokokokostüme. Ein paar<br />

Leintücher wurden unwiederbringlich geopfert, um die Röcke für Eulalia, für<br />

Gretti und andere weibliche Rollen anzufertigen. Was die Färbung derselben<br />

betrifft, hatten wir da nicht im Arztkabinett den Sanitäter und Erzähler Iliescu? Er<br />

war es, der für uns die feinsten und kräftigsten Farbstoffe beschaffte, die sich in<br />

den deutschen Sulfamiden befanden: Rubiazol für Rot, Akrylin für Gelb, und für<br />

Blau hatten wir das Methylenblau. Aus ihrer Kombinierung konnten wir die<br />

Komplementärfarben erzielen, wie etwa das herrliche Smaragdgrün, womit das<br />

Fu<strong>ro</strong>re machende Kleid Grettis gefärbt wurde.<br />

Weiterhin unterstützte uns ganz stark auch Nicu Gelep, der Schlagzeuger<br />

des Orchesters, der sich mit zwei T<strong>ro</strong>mmeln, einem Dreieck und einem<br />

Tschinellenpaar zu schaffen machte. Als Sohn eines Perückenmachers vom<br />

Nationaltheater aus Craiova hatte der kleine Nicu seine Kindheit auf der Bühne<br />

und hinter den Kulissen des Theaters, in den Schauspielerkabinen, zwischen<br />

den Beinen der Maschinisten und den Röcken der Schauspielerinnen<br />

verbracht…, so dass er von klein auf mit Theateratmosphäre imprägniert war.<br />

Geschickt in allem, was in den Theaterwerkstätten handwerklich hergestellt<br />

wurde, erhielt ich von ihm die trefflichsten Hinweise für die Bühnenausstattung,<br />

welche er dann auch selber mit viel Phantasie anfertigte. Aber den<br />

bedeutendsten Beitrag erbrachte er beim Make-up der Schauspieler. Äußerst<br />

hilfreich war uns diesbezüglich die Natschalnika für Kultur, Ana Sergeewna.<br />

Kleinwüchsig, stets das Näschen in den Wind haltend, mit blauen Augen und<br />

hanffarbenen Haaren nahm sie unser Schauspiel von aller Anfang an mit der<br />

Freude eines Kindes auf. „Oi… ot krassiwa“ (O, wie schön!), rief sie aus, als sie<br />

zum ersten Mal zur P<strong>ro</strong>be kam und sah, wie unsere Jungs tanzend auftraten und<br />

in Mozartschen Akkorden aus Eine kleine Nachtmusik singend Repliken<br />

wechselten. Von jenem Moment hatten wir sie völlig für unsere Sache<br />

gewonnen. Und wo wir bis dahin bloß einen ärmlichen Lippenstift verwendeten,<br />

den Iliescu mit Ach und Krach von den Schwestern des Spitals ausgeliehen hatte<br />

(denn auch sie hatten kaum welche, die Armen!), siehe da, unsere Ana, die gute<br />

Fee, ließ es sich – auf Nicu Geleps Erklärungen hin – nicht nehmen, aus Moskau<br />

gar ein echtes Theaterschmink-Set zu besorgen. Mit dergleichen Stoff in den<br />

Händen, sollte Nicu seiner Phantasie freien Lauf lassen und für die Personen

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