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radu m|rculescu - Memoria.ro

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Radu M!rculescu: Leid und Erleuchtung in der sowjetischen Gefangenschaft 27<br />

dem, was wir gerade zur Hand hatten, indem wir die uns fehlende Technik durch<br />

Vorstellungskraft und Mut bis zum Irrsinn ersetzten. Unglücklicherweise jedoch<br />

vor allem aber durch Blut.<br />

Nun gut, mit seiner von den Riesenhammerschlägen wohl wahnsinnig<br />

gemachten Besatzung, die in ihrem Stahlkäfig wie in einem Resonanzkasten<br />

eingeschlossen war, in dem das Gedröhn der Schläge bis zum Pa<strong>ro</strong>xysmus<br />

verstärkt wurde, setzte der Panzer – in all seiner erdrückenden Überlegenheit<br />

und nach wiederholten und erfolglosen Versuchen, seinen Reiter durch<br />

plötzliches Wenden nach rechts oder nach links abzuwerfen – diesem «Rodeo»<br />

ein Ende und machte kehrt und verschwand im Nebel in Richtung eigene<br />

F<strong>ro</strong>ntstellungen, begleitet von den wahnsinnigen Schlägen des Reiters, der es<br />

nicht verstand, den Wettkampf aufzugeben.<br />

(Dieses verzweifelte „Rodeo“ mit dem Panzer sollte auch ein amüsantes<br />

Nachspiel haben, das mir erst nach dem Erscheinen meines Buches der Maler<br />

Alexandru Cump\t\, damals frischgebackener aktiver Infanterieunterleutnant und<br />

Teilnehmer an der g<strong>ro</strong>ßen Schlacht, erzählt hat. Diese Szene kommentierend,<br />

berichtete er mir Folgendes: „Ich befand mich mit meinen Soldaten im<br />

Schutzgraben, darauf vorbereitet, den Feind mit Zeltplanen anzugreifen, um ihn<br />

mit Benzinflaschen blind zu machen, die Motoren anzuzünden, als vor uns, aus<br />

dem Nebel, plötzlich ein T34 auftauchte. Rücklings darauf ein Mann mit<br />

zerzausten Haaren, der verzweifelt die Panzerung mit einem Schmiedehammer<br />

traktierte. Ich springe aus dem Schutzgraben und schwinge mich auch auf den<br />

Panzerwagen. An seiner Uniform und den Dienstgraden stelle ich fest, dass der<br />

wütende Kämpfer ein Artillerieleutnant ist, und, mit der Linken das Kanonen<strong>ro</strong>hr<br />

ergreifend, führe ich die Rechte vorschriftsmäßig an mein Käppi und stelle mich<br />

vor: «Herr Leutnant, ich habe die Ehre mich vorzustellen. Aktiver Unterleutnant<br />

Cump\t\ Alexandru vom 9. Regiment Do<strong>ro</strong>ban]i, 2. Bataillon, 1. Kompanie. Zu<br />

Befehl!! Worauf dieser für kurz seine fürchterlichen Hiebe unterbrach, mir die<br />

Hand reichte und sich desgleichen vorstellte: «Leutnant S=mbotin Alexandru<br />

vom 28. Artillerie!. Dann nahm er mit gleicher Furie seine Arbeit wieder auf.“<br />

Erst musste ich angesichts dieser von Cump\t\ wiedergegebenen Anekdote<br />

lachen. Der Tod stand rieseng<strong>ro</strong>ß vor ihnen, und sie gaben sich mit<br />

p<strong>ro</strong>tokollarischem Firlefanz ab. Im Nachhinein aber, nach einiger Überlegung,<br />

kam ich zu der Schlussfolgerung, dass, wie man sieht, in der Mentalität unserer<br />

aktiven Offiziere der alten Königlichen Armee das Reglement so sehr verankert<br />

war, dass nicht einmal die unmittelbare Todesgefahr sie von einem korrekten<br />

Ablauf des Begrüßungsrituals abhalten konnte. Wodurch sie unsere volle<br />

Hochachtung verdienen.<br />

„Und, was tatet ihr darauf hin?“, fragte ich Cump\t\. „Ich hatte gerade die<br />

Zeltplane aus meinem Wehrgehänge losgemacht und bereitete mich darauf vor,<br />

damit die vordere Guckspalte der Panzerwagens zuzudecken, als aus dem<br />

Nebel zwei weitere sowjetische Panzer auftauchten, die, uns auf dem Wagen<br />

erblickend, eine MG-Salve auf uns losfeuerten. Da diese im Fahren abgefeuert<br />

worden war, traf sie keinen von uns. Sie zwang uns aber, den Panzerwagen<br />

aufzugeben und in dem in Nebel gehüllten Roggenfeld zu verschwinden, nicht<br />

ohne uns vorher vorschriftsmäßig voneinander zu verabschieden.”)

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