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radu m|rculescu - Memoria.ro

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Radu M!rculescu: Leid und Erleuchtung in der sowjetischen Gefangenschaft 329<br />

Unsere Gesichter glühten bald selber vor Hitze, dass es kaum noch auszuhalten<br />

war, aber der Rücken war eiskalt, dass wir ihn auch dem Ofen zuwenden<br />

mussten. Als wir dann einer nach dem anderen gewissermaßen befreit von der<br />

Kälte in unseren Knochen auf unsere Pritschen k<strong>ro</strong>chen und mit den Ranzen<br />

nach den Ratten schlugen, die nicht mehr Ruhe gaben, hörte man erneutes,<br />

genau so diskretes Klopfen an der erwähnten Wand. Diesmal waren es vier<br />

ungarische Offiziere, die eine Kollekte organisiert hatten und uns etwas Speck,<br />

Zucker, B<strong>ro</strong>t, aber auch ein paar Armvoll Holz brachten. Von unschätzbarem<br />

Wert waren jedoch die Bauchsäge und die Axt, die sie uns gaben, sowie die<br />

Information, dass zwei der Balken aus der Trennwand lose waren und entfernt<br />

werden konnten, dort könne jemand von uns durchschlüpfen, um aus den<br />

„Balkenmöbeln” von drüben Kleinholz fürs Feuer zu machen. Was wir in den<br />

nächsten Tagen denn auch taten. Die vier, die damals anonym bleiben wollten,<br />

später aber unsere besten Freunde wurden, waren Jozsef Balogh, ein<br />

Militärpriester aus dem Jesuitenorden, der zweite hieß desgleichen Balogh und<br />

stammte aus Nordsiebenbürgen, der dritte – Miller, und der letzte Mezzey, ein<br />

sympathischer und hilfsbereiter junger Mann. Wir waren alle äußerst gerührt von<br />

dieser Sympathiegeste, gerade weil sie von Menschen kam, die uns sowohl von<br />

der älteren, als auch von der neueren Geschichte eher als unverrückbare<br />

Gegner empfohlen wurden.<br />

Wenn wir aber die Geste dieser vier Ungarn, die mitten in der Nacht der<br />

Kälte und allen Risiken t<strong>ro</strong>tzten, um uns ihre Solidaritätsspende zu überbringen,<br />

mit der Tat jener Rumänen von Oranki vergleichen, die unter die Fenster unseres<br />

Isolierungsraumes gekommen waren, um uns auszubuhen und anzuklagen, was<br />

könnten wir denn da dem Erlöser auf Seine aufwühlende Frage aus dem<br />

Gleichnis vom Barmherzigen Samariter antworten: „Wer ist dir der Nächste?“<br />

Und noch eine Frage blieb offen: Ob denn das ganze Hin und Her in<br />

dieser ersten und denkwürdigen Nacht tatsächlich der Wachsamkeit des<br />

Brigadiers von Schubert, der uns doch zu überwachen hatte, entgangen war,<br />

oder hatte der Betreffende viel eher so getan, als schliefe er, gerade um der<br />

Obrigkeit nichts zu berichten?

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