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Radu M!rculescu: Leid und Erleuchtung in der sowjetischen Gefangenschaft 79
16. MIT DEN WÖLFEN UND DEN RABEN AUF DEN FERSEN
Es folgten weitere Nächte und Tage des Marsches auf dieser Anabasis
des Frostes, des Hungers, der Erschöpfung und der Verzweiflung.
Unglücklicherweise fuhren alle LKWs, die uns jene spärlichen Brotrationen
brachten, weiter Richtung Frontlinie, und jene, die ans Ende ihrer Kräfte gelangt
waren, konnten, aller Gewogenheit Dwoeglasows zum Trotz, nicht mehr
evakuiert werden. Unsere Versuche, sie so weit entfernt wie nur irgend möglich
von der schicksalhaften Kette der Schlussmänner zu bewahren, stellten sich als
ein bloßes Palliativum heraus, so dass – zu meiner Verzweiflung – wieder öfter
Schüsse am Ende der Kolonne zu hören waren. Inzwischen waren, zusätzlich zu
den uns flankierenden Bewachungssoldaten, auch andere, anfangs unsichtbare
Begleiter aufgetaucht. Die einen folgten uns hoch oben, im Dunst des Nebels,
und empfahlen sich durch ihr unverwechselbares Krächzen als Raben. Die
anderen machten sich bloß nachts bemerkbar, wenn ihr lang gezogenes Geheul
als einziger Laut das Schweigen der Steppe zerriss. Es waren – lehrten uns mit
Kennermiene ein paar Tschassowojs – sibirische Wölfe, die von ihren
Artgenossen vom Fuße des Urals zum großen Festessen (das waren wir)
gerufen worden waren. Nachts spürte man ihre Nähe. Auf Distanz gehalten von
den Feuern der Tschassowojs, sah man bloß ihre Augen im Dunkel gleich
grünen Sternchen blinken. Sie hatten keine Eile, kannten keine Ungeduld. Sie
wussten, dass im Dunkel des Morgengrauens, wenn wir aufgebrochen waren,
dort, wo wir übernachtet hatten, einige Dutzende unbeweglicher Menschen
zurückbleiben würden, um nach dem rituellen Schuss in die Stirn in die Mühlen
ihrer Kiefer zu geraten. Und die Raben wussten ihrerseits auch, dass sie sich an
dem, was übrig blieb, satt essen konnten.