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Radu M!rculescu: Leid und Erleuchtung in der sowjetischen Gefangenschaft 299
78. DER SIEG IST DER SOHN DER NIEDERLAGE
Das bedeutendste Ereignis meines Innenlebens in jener Zeitspanne nach
dem Streik, die zutiefst und schmerzlich vom Komplex der Niederlage geprägt
wurde, war die Begegnung mit Vasile P=rvans 137 Memoiren. In meinem Leben
bin ich wenigen Büchern begegnet, welche in einem bestimmten Moment der
Krise einen solch belebenden und begrüßenswerten Einfluss auf mich hatten. Ich
hatte davon gehört und einen Koch, der einer der unsrigen war, gebeten, es von
den Jungs von draußen zu verlangen, und er war es auch, der es mir an der
Wachsamkeit der Tschassowojs vorbei zuschmuggelte. Das Buch hatte mich
dank seiner hohen Warte des denkenden Geistes erobert, dank seine
Bibelverskadenz des Ausdrucks, die sich mitunter zu einer Hymne aufschwang,
vor allem aber durch seine stoische, unerschütterliche Heldenmütigkeit
gegenüber dem Leben und seinen Schicksalsschlägen.
Gewissermaßen war es ein Buch aus der geistigen Familie der Helden
Carlyles 138 , vielleicht gar genau so großzügig und zur Tat anregend wie dieses.
Vor allem berührte mich die mit der Kraft eines Glaubens formulierte Idee, dass
der Sieg, der wahre, beständige und weitreichende Sieg nur am Ende einer Kette
von Niederlagen auftaucht, von Niederlagen nicht nur gegenüber unseren
Widersachern, sondern vor allem auch gegenüber uns selbst.
Der Sieg ist der Sohn der Niederlage. Dies ist die Idee, die wir in jenen
Momenten brauchten, und diese Hoffnung spendende und Kräfte mobilisierende
Idee sollte mir von da an zu einem Leitspruch werden. Ein Leitspruch für alle, die
wir einen Ausweg aus dem Marasmus der Niederlage suchten.
137 V. Pârvan (1882-1927) war ein rumänischer Historiker und Archäologe.
138 „Über Helden, Heldenverehrung und das Heldentümliche in der Geschichte“.