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radu m|rculescu - Memoria.ro

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Radu M!rculescu: Leid und Erleuchtung in der sowjetischen Gefangenschaft 179<br />

46. DER AUFBRUCH DER T.-V.-DIVISION<br />

Mit solchen Methoden und in überhastetem Rhythmus forcierte man die<br />

Rekrutierung des letzten nötigen Truppenbestands für die Division der Toten<br />

Seelen, deren Erweckung zum Leben nicht mehr lange dauern konnte, hatte<br />

doch Väterchen Stalin, der Vater der Nationen – gerührt von all den Bitten – ihr<br />

letztlich seinen Segen erteilt. So kam es, dass in Riazan, am 15. November<br />

desselben Jahres, dieser Fötus der Schande, ein monströses Ergebnis der<br />

Verkupplung von Ter<strong>ro</strong>r und Verrat, Gestalt annahm, den jene, die ihn erbten,<br />

nicht gezögert haben – der Gipfel der Blasphemie – auf den Namen unseres<br />

Märtyrers und Helden Tudor Vladimirescu 85 zu taufen. Die Initialen dieses<br />

gestohlenen Namens, T und V, welche dann die Kokarden mit der rumänischen<br />

Trikolore zierten – eine weitere Blasphemie! – wurden von uns jedoch, von der<br />

g<strong>ro</strong>ßen Mehrheit derer, die sich verweigert hatten, als Ter<strong>ro</strong>r und Verrat gelesen.<br />

Schließlich kam auch der Tag ihres Aufbruchs, der Tag, an dem sich die Wasser<br />

scheiden, an dem sich endlich unsere Schicksale von denen der Verräter<br />

trennen sollten. Die Kohabitation dieser beiden Kategorien von Menschen, die<br />

infolge der politischen Manipulierungen in zwei feindliche Lager zerfallen waren,<br />

war unerträglich geworden. Ihr Abmarsch wurde dementsprechend allerseits<br />

begrüßt. Der Schicksalsstunde trat an einem kalten, nebligen Novembertag ein.<br />

Die Verwaltung bestand darauf, diesen Aufbruch als eine he<strong>ro</strong>ische Apotheose<br />

zu gestalten. Die Erwählten wurden vor uns auf dem Vorplatz der Kirche gleich<br />

Helden aufgestellt, welche der faschistischen Hydra die Häupter abschlagen<br />

sollten. Es wurden beflügelte Reden gehalten, darunter auch eine in einem<br />

unverständlichen Rumänisch seitens Oberst Samoilow (der mit der Popescu-<br />

Tudor-Episode). Es fehlte auch nicht die so genannte Militärkapelle, auf deren<br />

falsche Marschakkorde die Gefeierten unter unseren Pfiffen und Hohnrufen im<br />

Paradeschritt triumphierend das Lager verließen, wonach sie von Nebel und<br />

Ungewissheit verschluckt wurden. Als das Tor geschlossen wurde, bekreuzigten<br />

wir uns erleichtert. „Pfui Teufel!“ sagten wir bloß noch, im Gefühl, dass ein<br />

unreiner Geist aus unserer Mitte entwichen war. Ihr Ziel war Riazan, wo sich die<br />

gesamte Division versammeln sollte. Dort befand sich das militärische<br />

Exerzierzentrum, vor allem aber jenes der politischen Ausbildung, wo die<br />

Neophyten sich die Dialektik der Machtübernahme, der Manipulierung der<br />

Massen, der Zerstörung des Klassenfeindes, der gegenseitigen Überwachung,<br />

der Denunziation aneignen sollten, kurz gesagt: wo sie die gesamte satanische<br />

Initiation mitmachen sollten, um aus gewöhnlichen Menschen Agenten der Hölle<br />

auf Erden zu werden.<br />

Weg waren die g<strong>ro</strong>ßen Antifaschismusaktivisten (allerdings nicht alle; ein<br />

kleiner Teil war geblieben, um den Gärungsp<strong>ro</strong>zess des Bewusstseins der<br />

Zurückgebliebenen nicht zu unterbrechen), die uns so viel Böses angetan hatten<br />

85 T.V. (1780-1821) war der Anführer des Volksaufstandes von 1821 gegen das türkischhörige<br />

Fanariotenregime und für kurze Zeit Fürst der Walachei.

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