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radu m|rculescu - Memoria.ro

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Radu M!rculescu: Leid und Erleuchtung in der sowjetischen Gefangenschaft 526<br />

146. „…Ankommt das vom Schmerz gebleichte Glück“ 196 (V.<br />

Voiculescu)<br />

Tatsächlich erfüllten sich die Vorhersagen des Quästors, die wie immer<br />

korrekt waren, und nach dem Morgenappell wurden wir alle samt Gepäck zum<br />

Tor bestellt. Wir hatten den 17. Juli 1951. Während die Siebenbürger Sachsen<br />

und die rumänischen Soldaten aufgerufen und jeweils zu dritt aus dem Pferch<br />

geholt, durchsucht und in LKWs verfrachtet wurden, umringten unsere Jungs<br />

uns, die drei, die wir das Glückslos gezogen hatten, um uns zu umarmen und<br />

Abschied von uns zu nehmen. Der alte Oberst Stelic\ Dumitriu, der in Oranki -<br />

anlässlich der wahnwitzigen Manifestation, welche Schumanns Grenadiere in der<br />

Interpretierung R\dois begleitet hatten – Codler herausgefordert hatte, kam zu<br />

mir, um mich zu umarmen. Er hatte an all unseren Aktionen teilgenommen, etwa<br />

an den Streiks, hatte Karzer und Deportierungen hinter sich und t<strong>ro</strong>tz seines<br />

Alters eine dreijährige Verurteilung im weißen Inferno von Workuta überlebt. Er<br />

hatte eine Schwäche für mein Poem „Das Kind und die Zeit“, aus dem er unser<br />

eigenes Schicksal einer Generation ohne Jugend herausgelesen hatte. Als er<br />

mich in seine Arme schloss, flüsterte er mir zu: „Schreib, Radu, schreib, schreib<br />

alles nieder, was du gesehen hast, all das, was du gefühlt hast, alles, was wir<br />

zusammen erlitten haben. Schreib! Dies ist der Befehl, den ich dir zum Abschied<br />

erteile.“<br />

Als wir dann zu dritt zum Stacheldrahttor hinaustraten, nahmen uns die<br />

Wärter in Empfang, um uns zu durchsuchen, was sie denn auch äußerst<br />

gründlich taten. Bestimmt hätte ich meine Manuskripte nicht retten können, wenn<br />

diese nicht vorher durch den Mann des Quästors hinausgeschmuggelt worden<br />

wären. Mit den aufgewühlten Habseligkeiten auf dem Arm blickte ich, bevor ich<br />

auf den Laster stieg, noch einmal zum Tor, dahinter jene, die wir zurückließen,<br />

wärmste Sympathiebezeugungen für uns an den Tag legten, um uns den<br />

Abschied etwas zu erleichtern. Da war auch Victor Clonaru, mein<br />

Gespannpartner vor dem Schlitten mit Elfenbein in der Taiga von Oranki. Da<br />

waren auch Alecu Tr\istaru, Ispas und Stoenescu, Weggenossen auf unserer<br />

fünfjährigen Irrfahrt, da waren auch Mi[u Orleanu, mein Partner so vieler<br />

Diskussionen in Odessa, der Quästor und auch unsere alten Väter, die Obersten<br />

und Majore. 197<br />

196 Letzter Vers des Gedichtes „Sose#te fericirea”.<br />

197 Jene, die ich bei meiner Freilassung am 17. Juli 1951 im Lager von Bragadiru zurückgelassen habe und<br />

die noch am Abend desselben Tages Richtung Kanal aufbrachen, sind die Obersten Cezar Hagiopol, Victor<br />

Nanu, Stelian Dumitriu; die Majore Costin Dumitrescu (Copilu’/das Kind), Nicolae R!doi, Frânculescu,<br />

Burdu#escu, Deciu; die Hauptmänner Baiu, Chiri"escu, Osman; die Leutnants Niculae Ispas, Vasile<br />

Stoenescu, Alexandru Tr!istaru; die Unterleutnants Victor Clonaru, Constantin Atanasiu, Mihai Orleanu,<br />

Gheorghe Tofan, Gheracopol, Mircea R!dulescu (der Quästor), Gheorghe R!dulescu sowie noch einer, an<br />

dessen Namen ich mich nicht mehr erinnere, insgesamt 22. Alle kamen mit dem Leben davon und wurden<br />

1954 freigelassen, ein Jahr nach Stalins Tod. Also nach drei Jahren Kanal. (Anm. d. A.)

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