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radu m|rculescu - Memoria.ro

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Radu M!rculescu: Leid und Erleuchtung in der sowjetischen Gefangenschaft 12<br />

Bestialität der Wachhabenden. Danach gingen wir durch Arbeits- und<br />

Hungerstreiks (erst individueller Natur, dann gruppenweise) zum Kampf für die<br />

Respektierung unseres Rechts auf Würde über, einschließlich für die<br />

Abschaffung der Pflichtarbeit für uns rumänische Offiziere, welche für die<br />

Sowjets Gelegenheit bot, uns den demütigendsten und ermüdendsten<br />

Arbeitsdiensten zu unterziehen, voller Verachtung für die Haager Konvention, die<br />

auch von ihnen unterzeichnet worden war.<br />

Und in der Endphase, als wir dessen gewahr wurden, dass sogar die<br />

sowjetisierte Regierung unseres eigenen Landes, genauso wie auch die<br />

westliche Welt, an die wir bis dahin mit naiver Inbrunst geglaubt hatten, uns den<br />

Krallen der Unterdrücker überlassen hatte, startete unser Widerstand einen<br />

letzten, verzweifelten, totalen Hungerstreik auf Leben und Tod für die<br />

Repatriierung.<br />

In diesem Sinne kann deutlich und voller Stolz gesagt werden, dass von<br />

allen Völkern, die sich in sowjetischer Gefangenschaft befanden, wir Rumänen<br />

(genauer, das Offizierskorps) die einzigen waren, welchen es (im Lager<br />

M=n\st=rca-Oranki, Februar 1948, durch einen quasi-einheitlichen Hungerstreik,<br />

der fast 1000 Teilnehmer umfasste) gelungen ist, die willkürliche sowjetische<br />

Macht dazu zu zwingen, uns zu repatriieren. Diese den Machthabern<br />

abgezwungene Repatriierung, wodurch die Mehrheit unseres Offizierskorps,<br />

ohne das Siegel des verruchten Verrats, die Heimat mit erhobenem Haupt<br />

betreten konnte, krönte den langen Leidensweg unserer Gefangenschaft mit<br />

einem apotheotischen Finale. Damals revanchierten wir uns für alle<br />

Demütigungen und alle Erniedrigungen dieser Knechtschaft biblischen<br />

Ausmaßes und apokalyptischer Öffnungen. Begonnen im ontischen Abgrund, in<br />

den wir durch den «Fall» gestürzt waren, schmilzt das Ende unserer KZ-Reise in<br />

der grenzenlosen Freude der Obsiegung, welche uns als T<strong>ro</strong>phäe die Freiheit<br />

brachte.<br />

Was mich betrifft, so war es mir nicht gegeben, diesen superben<br />

Augenblick mitzuerleben. Zwei Jahre vorher war ich, als Repressalie für einen<br />

umfassenden Hungerstreik, in jenem Oranki, das dreieinhalb Jahre meines<br />

Lebens verschlungen hatte, zusammen mit einer Gruppe von so genannten<br />

Agitatoren ausgehoben worden und in ein Straflager an der Wolga verlegt<br />

worden, das Teufelsloch hieß. Hier, wegen Arbeitsverweigerung in einer<br />

schauderhaften Isolationszelle, dem Vorraum des Todes, eingekerkert, gelang es<br />

uns durch einen verzweifelten Hungerstreik der lokalen Macht die schriftliche<br />

Anerkennung der Tatsache abzuzwingen, dass wir rumänischen Offiziere nicht<br />

verpflichtet sind, zu arbeiten.<br />

Diese Siege sowohl aus dem Teufelsloch, als auch von Oranki sind teuer<br />

bezahlt worden. Eine Reihe von rumänischen Offizieren wurde von der<br />

Repatriierung ausgenommen und – als Anstifter eingestuft – vors Militärgericht<br />

gebracht, um in Schaup<strong>ro</strong>zessen für Gründe, die in keinem normalen Lande als<br />

Schuld angesehen wurden, zu langjähriger Zwangsarbeit verurteilt und in die<br />

polaren oder sibirischen Wüsten deportiert zu werden, in Lager mit einem<br />

Höllenregime, zusammen mit den furchtbarsten Gesichtern der Kriminalität des<br />

sowjetischen Gemeinrechts. Zum Glück gab es in diesem Reich des Bösen ab<br />

und zu auch noch Tauwetter, welche es einem guten Teil dieser Meister des

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