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radu m|rculescu - Memoria.ro

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Radu M!rculescu: Leid und Erleuchtung in der sowjetischen Gefangenschaft 312<br />

seine Haut zu retten. Seine Lage war nun eine tragische. Einerseits war er<br />

entlarvt worden, und die gesamte Fassade des Helden und Märtyrers, die er sich<br />

so geschickt angefertigt hatte, lag zerschellt am Boden, gleich einem<br />

Jahrmarktsschmuck, andererseits hatte nicht einmal dieses Opfer ihm die<br />

Rettung gebracht. Verachtet von den seinen, aber auch verfolgt von der<br />

feindlichen Seite. Ich gebe zu, dass ich, obwohl er nie meine Sympathie oder<br />

Bewunderung besaß, nun Mitleid mit ihm hatte.<br />

Der andere Vorfall hatte B. als Subjekt, von dem ich auch schon sprach.<br />

Nae Cojocaru und Nelu Teodeorescu, welche die Rolle des „Sheriffs“ in unserer<br />

Baracke übernommen hatten und versuchten, den Spielchen des Kommissariats<br />

auf die Schliche zu kommen und die Maulwürfe unter uns ausfindig zu machen,<br />

stellten eines Nachts fest, dass der Pritschenplatz B.s leer war. In der Annahme,<br />

dieser sei zum Kommissariat gegangen, um zu singen, lauerten sie ihm im<br />

Vorraum abwechselnd auf, um zu erfahren, woher er denn kam. Tatsächlich,<br />

gegen Morgen kam aus der Richtung des Kommissariats vorsichtigen Schrittes<br />

B. Nae wandte sich im Flüsterton direkt an ihn.<br />

„Was hast du denn die ganze Nacht über im Kommissariat gesucht?“<br />

Keine Antwort.<br />

„Hast wohl vieles zu verpfeifen gehabt, was?“ Keine Antwort.<br />

„Du Schurke!“ Und klebte ihm eine. B. antwortete nicht, wich der zweiten<br />

Ohrfeige aus und trat in die Baracke. Am Morgen, beim Tee, erzählte mir Nae<br />

den Vorfall. Nach dem Tee war er dazu entschlossen, die Baracke um einen<br />

Moment der „Aufmerksamkeit“ zu bitten und allen das Kapitalverbrechen B.s<br />

offen zu legen.<br />

„Sei nicht vorschnell! Deine Beweise sind nicht stichhaltig genug. Ich persönlich<br />

bin nicht überzeugt davon, dass B. ein Denunziant ist“, antwortete ich ihm.<br />

„Ja, was suchte der denn nachts im Kommissariat?“, erwiderte Nae.<br />

„Weißt du denn nicht, dass er es war, der der Gorbatschowa<br />

Rumänischlektionen gegeben hat? Wir können davon ausgehen, dass ihre<br />

Beziehung nicht damit aufgehört hat. Woher kannst du denn wissen, dass sie ihn<br />

nicht zu sich bestellt hat für eine Liebesnacht, ihre letzte Liebesnacht? Sollte<br />

meine Hypothese stimmen, und du machst die Geschichte von heute Nacht<br />

publik, erfährt das Kommissariat davon und die Gorbatschowa ist reif für Sibirien.<br />

Und falls sie falsch ist und der Betreffende ein Verräter ist – was ich nicht glaube,<br />

so haben wir, leider Gottes, noch genügend Zeit, um ihn aufzudecken.<br />

Irgendwann wird er ja doch einen Fehler machen. Sei nicht vorschnell! Vor allem,<br />

wenn präsumtiv eine Frau in der Sache mittendrin steckt.“<br />

Und Nae zügelte seinen Eifer, blieb aber, nun mal argwöhnisch, wachsam.<br />

Später war es ein Zufall, der Licht in die dunkle Angelegenheit brachte. Und zwar<br />

wie folgt. Etwas weniger als ein Jahr nach diesem Vorfall befanden wir uns in<br />

einem g<strong>ro</strong>ßen Transitlager, wo alle Repatriierungsgruppen zusammenkamen.<br />

Einmal betrat ein Deutscher, der mit einer Heimkehrergruppe frisch aus Oranki<br />

einget<strong>ro</strong>ffen war, unserer Baracke und fragte nach Leutnant B. Fand ihn, ging mit<br />

ihm nach draußen und gab ihm heimlich einen Brief, was t<strong>ro</strong>tz aller Vorsicht einer<br />

unserer Jungs mitbekam. Nae erfuhr davon und geriet in helle Aufregung. („Hast<br />

du gesehen? Was hab’ ich dir denn gesagt?“ wiederholte er aufgedreht.) Er<br />

musste, auf Teufel komm raus, den Zettel haben, und schließlich gelang es ihm,

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