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radu m|rculescu - Memoria.ro

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Radu M!rculescu: Leid und Erleuchtung in der sowjetischen Gefangenschaft 347<br />

Feststellung, dass die rumänischen Offiziere aus dem Gebäudeblock II (so hieß<br />

diese unheimliche Spelunke) sich als Reaktionäre, Faschisten und erbitterte<br />

Feinde der UdSSR verhalten hätten. Da in der Union die Arbeit eine Ehrensache<br />

sei, habe man die rumänischen Offiziere aus dem erwähnten Block von dieser<br />

Ehre ausgeschlossen, und die Lagerverwaltung werde ihnen in keiner Weise<br />

mehr verlangen, zu arbeiten. Es folgten der Ort (Ustschoara), das Datum (24.<br />

Dezember 1946) und die Unterschrift.<br />

Wir klatschten alle spontan Beifall, dann brach Gelächter aus uns hervor.<br />

Clement Borcea: „Au weia, was für eine Beleidigung! Von der Ehre in der<br />

Sowjetunion zu arbeiten ausgeschlossen worden zu sein. Ich frage mich bloß,<br />

wie wir denn einem solchen Aff<strong>ro</strong>nt überleben können werden?“<br />

Der Offizier vom Dienst (gedolmetscht von Cotea): „Na also, seid ihr jetzt<br />

zufrieden? Worauf wartet ihr denn noch? Nehmt und esst!“<br />

Ich: „Worauf wir warten? Auf jene aus dem Karzer. Ohne sie hört der<br />

Streik nicht auf.“<br />

Cotea (überrascht): „Was, sie sind noch nicht hier? Wie ist dass möglich?<br />

Ich hab’ dem Oberst doch klar gesagt, dass wir den Streik erst aufgeben, wenn<br />

wir wieder alle zusammen sind, und er hat Ziganow vor mir den Befehl erteilt, die<br />

Jungs aus dem Karzer zu holen und hierher zu schicken.“<br />

Ich: „Wenn Ziganow seine Hand im Spiel hat, ist alles klar. Sag ihm doch,<br />

sie so schnell wie möglich aus dem Karzer zu holen, denn ohne sie essen wir<br />

nicht.“<br />

Nachdem Cotea ihm die ganze Sachlage erläutert hatte, entfuhr dem<br />

„Major“ ein deftiger Sonntagsfluch, der sowohl uns, als auch Ziganow einschloss,<br />

dann brach er genervt Richtung Karzer auf. Nachdem er weg war, erzählte uns<br />

Cotea alles, was mit ihnen unterdessen geschehen war. Außer ihm, der als<br />

Dolmetscher direkt ins Bü<strong>ro</strong> des Obersts gebracht worden war, wurden alle<br />

anderen in die Alba gesteckt, dann der Reihe nach einzeln zum Verhör geholt<br />

und schließlich zurück in den Gefrierkasten geführt. Bei den<br />

Untersuchungsgesprächen gab’s Donner und Blitz. Da nichts mehr zu verlieren<br />

war, sagte ein jeder dem Stellvertreter alles über die<br />

Exterminierungsbedingungen ins Gesicht, die man uns auferlegt hatte, und dass<br />

er entschlossen sei, den Hungerstreik bis zum Äußersten weiterzuführen, sei<br />

doch der Tod der erniedrigenden Zwangsarbeit vorzuziehen. In einer solchen<br />

Auseinandersetzung, erzählte Cotea, habe der Oberst Victor Clonaru gefragt:<br />

„Was pochst du denn soviel auf die Würde? Wenn dir die Würde denn so wichtig<br />

gewesen wäre, warum hast du dann nicht Selbstmord begangen, statt in<br />

Gefangenschaft zu geraten?“ Worauf Clonaru sehr ruhig geantwortet habe: „Weil<br />

ich es vorgezogen habe, die letzte Kugel, die in meiner Pistole steckte, auf Sie<br />

abzuschießen und nicht auf mich.“<br />

Als sie nach dem Abschluss der Verhöre alleine blieben, bemerkte Cotea,<br />

dass sein Gegenüber sich mit der Überlegung herumschlug, ob denn die<br />

Streikenden tatsächlich entschlossen waren, in den Tod zu gehen, oder ob sie<br />

bloß blufften. Anders gesagt, ob sie denn auch gute Karten hatten oder dies bloß<br />

vortäuschten.<br />

„Sag mir doch, Cotea“, habe ihn der Oberst gefragt, „können manche Menschen<br />

denn so fanatisch sein und in den Tod gehen, bloß um das Gesicht der

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