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radu m|rculescu - Memoria.ro

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Radu M!rculescu: Leid und Erleuchtung in der sowjetischen Gefangenschaft 360<br />

96. Die Sowjetpresse und die „Neuheiten” aus der Heimat<br />

Wir hatten Februar 1947. Seit einiger Zeit stellte man uns außer der den<br />

Gefangenen zugedachten Presse – „Cuv`ntul liber“/Das freie Wort (!!) in den<br />

Sprachen aller vertretenen Nationen – auch ihre gewöhnliche Presse zur<br />

Verfügung, vor allem die „Iswestija”. Daraus lasen uns der Reihe nach unsere<br />

„Periwotschiks“ Cotea, Gavalikov und Burckhardt vor. Wir schluckten stoisch all<br />

die p<strong>ro</strong>pagandistischen Desinformationen, in der Hoffnung, unter lauter Müll auch<br />

ein paar Krümel realer Informationen aus der Heimat und der ganzen Welt zu<br />

finden. Und tatsächlich blieb unsere Geduld manchmal nicht unbelohnt. Nach<br />

einem von uns ausgearbeiteten hypothetischen Schema gelang es uns mit<br />

halben oder Vierteln von Wahrheiten, die wir mit ihren typischen Auslassungen<br />

kombinierten und mit unserer Imagination ergänzten, eine Lage zu<br />

rekonstruieren, die sich oftmals als wahrheitsgemäß bewies. So etwa verfolgten<br />

wir bangen Herzens Schritt für Schritt das ganze Drama unseres Volkes: die<br />

sowjetische Besetzung, die Hungersnot, die organisierte Desorganisation, die<br />

abwegig hohen Getreideabgabequoten, die Verhaftungen, Verurteilungen,<br />

Hinrichtungen, Deportierungen, im allgemeinen den gesamten Umsturz, der<br />

unsere Welt auf den Kopf stellte. Aber auch die Anfänge eines – he<strong>ro</strong>ischen,<br />

verzweifelten, jedoch glücklosen – Widerstands. Und schließlich, wie uns der<br />

Westen (aus niedrigen Interessen heraus) vor den tönernen Füßen des<br />

sowjetischen Riesen aufgab. Indem wir uns freiwillig und von niemandem<br />

gezwungen dem Masochismus dieser Lektüre der Sowjetpresse unterwarfen,<br />

trugen wir außer unserem Kreuz auch noch jenes unseres Volkes und unserer<br />

Familien, vervollständigten das Gelesene mit dem, was wir in unserer nächsten<br />

Nähe sahen. So etwa lasen wir eines morgens in der „Prawda“, dass die Division<br />

Horia, Clo[ca und Cri[an (die Clo[cari, wie wir die Dob<strong>ro</strong>woltis, die<br />

Freiwilligen, nannten), angeführt von General Lasc\r und Oberst Dumitriu, mit<br />

g<strong>ro</strong>ßen Ehren von markanten Mitgliedern der Regierung Petru G<strong>ro</strong>za 152<br />

empfangen worden war. Und es folgten Auszüge aus den Reden. Alles schön<br />

und gut. Allein, am Abend desselben glorreichen Tages, den ein Bankett<br />

beendete, bei dem General Lasc\r mit einem Glas Champagner in der Hand<br />

wohl mit der Eloquenz des marxistischen P<strong>ro</strong>tokolls die Willkommenswünsche<br />

der Partei beantwortet haben mag, wurde bei uns, im „Teufelsloch“, in der G<strong>ro</strong>tte<br />

eines Untersuchungsraumes, einer unserer Jungs, der Offizier in der vom<br />

General am Don befehligten Division gewesen war, von den NKWD-Organen<br />

über die auf Befehl Lasc\rs ausgeführten Verbrechen an der friedlichen<br />

Zivilbevölkerung (ließ: an den Partisanen!) ausgefragt. Ein Zeichen dafür, dass<br />

man dem General, damit er nicht etwa aufmucke und ausschere, eine Akte als<br />

Kriegsverbrecher anlegte – für alle Fälle. General Lasc\r scherte tatsächlich nie<br />

152 Der Rechtsanwalt und Politiker Petru G<strong>ro</strong>za (1884-1958), der 1933 die „F<strong>ro</strong>nt der Pflüger“ (F<strong>ro</strong>ntul<br />

Plugarilor) gründete, war zwischen 1945-1952 Ministerpräsident in der ersten kommunistischen Regierung<br />

Rumäniens. Ab 1952 war er dann Ehrenpräsident der Volksrepublik Rumänien.

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