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Radu M!rculescu: Leid und Erleuchtung in der sowjetischen Gefangenschaft 436 Malo- und Weißrussen. Jene, denen wir jetzt begegneten, waren Velikorussen (Altrussen?), von denen es heißt, sie seien die Nachfahren der Waregen, also skandinavischer Herkunft, und dass das Gebiet, dass wir nun gerade erforschten (die Quellregion der Wolga), gar zu ihrer Urheimat gehörte. Nach einigen zugleich ermüdenden und erholsamen Marschstunden erreichten wir das Lager. Es war in den Gebäuden eines ehemaligen großen Landgutes eines ehemaligen Großbojaren oder Adligen eingerichtet, denn der zentrale Bau mit Obergeschoß war sehr imposant. Diesem hatten die neuen Eigentümer ihre Gulag-Baracken zur Seite gestellt, eine jede mit einer Umzäunung, die sie vom Rest isolierte, aber trotzdem noch genug Platz ließ für Blumenbeete und Gehwege dazwischen. Alles war sauber, geordnet, korrekt und funktional, ein Ausdruck des deutschen Organisationsstils, denn die Deutschen stellten hier die große Mehrheit, sie sorgten für die Verwaltung des Lagers. Aber nachdem wir in Quarantäne gesteckt wurden und uns nach dem ermüdenden Tag und dem komplizierten Gefangenenübernahmeprogramm in einem neuen Lager kaum richtig schlafen gelegt hatten, weckte uns ein neuer Stamm rumänischer Gefangener mitsamt Habseligkeiten, der uns mit dem typisch lateinblütigen Rummel und Geschrei überfiel. Obwohl es bereits Mitternacht war, konnten wir die Eindringlinge im Dämmerlicht des Breitengrades, an dem wir uns befanden (60°) mit Leichtigkeit identifizieren. Es war auch eine Gruppe von Verbannten wie wir, ihr Stammlager war Susdal gewesen, wohin ein Teil der rumänischen Offiziere gebracht worden war, woher sie genau wie wir vor Jahren auf Wanderschaft durch verschiedene Straflager geschickt worden waren. An der Spitze der Gruppe stand Oberst Victor Nanu, der Kommandant meiner Artilleriebrigade. Von den anderen war der erste, den ich erkannte, Puiu Atanasiu, der in Susdal, bei der Gründungssitzung der T.V.- Division, Cambrea, ihren Aufseher, des „Verrats“ beschuldigt hatte. Sie waren insgesamt etwa 40 Mann, davon ein guter Teil an Protestaktionen und Hungerstreiks teilgenommen hatte, genau wie in unserer Gruppe. Von den Neuangekommenen erinnere ich mich an die Hauptmänner Sudacevschi, B\lan, Lupovici, Chiri]escu, an die Leutnants Nicolae Babici, Gri[a Coban, Oleg Dombrovski u.a. Letzterer hatte gar das Glück, in unserer Gruppe seinen eigenen Bruder, Igor, wiederzufinden, von dem er seit sechs Jahren nichts mehr gewusst hatte. Klar, dass wir die ganze Nacht über kein Auge mehr schlossen, und in jenem geheimnisvollen Licht, das um die Sommersonnenwende, die wir gerade hatten, unmerklich von der Abenddämmerung zur Morgenröte übergeht, erzählten wir einander, wo wir überall gewesen, wen wir alles getroffen und was wir alles mitgemacht hatten. Die Quarantäne endete ohne Vorfälle. Fasziniert vom Nordlicht trat ich nachts in den Hof und verfolgte gierig stundenlang all die Lichtphänomene, die es begleiteten. Manchmal schien es, als versteckten sich unterm Horizont riesige Scheinwerfer, welche den Himmel mit beweglichen, einander überschneidenden Lichtbändern durchfurchten, bis an den Zenit empor klommen, dann verschwanden und andernorts wieder auftauchten, als hätten wir es mit einem übermütigen Theaterelektriker zu tun, der hinter den Kulissen unentwegt mit den Scheinwerfern spielt.
Radu M!rculescu: Leid und Erleuchtung in der sowjetischen Gefangenschaft 437 Die Sonne ging nordnahe schief unter am Horizont und ging genauso schief am Horizont wieder auf, und ihren Wandel darunter kennzeichnete eine stete Röte. Dunkel wurde es keinen Augenblick in jenen Nächten. Um Mitternacht konnte man im Garten mühelos lesen.
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RADU M|RCULESCU LEID UND ERLEUCHTUN
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Inhalt Die rückerstattet Vergangen
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109. Die Nacht der Schakale 409 110
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Radu M!rculescu: Leid und Erleuchtu
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