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radu m|rculescu - Memoria.ro

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Radu M!rculescu: Leid und Erleuchtung in der sowjetischen Gefangenschaft 306<br />

81. SPANNUNGEN IN UNSEREN REIHEN<br />

Unsere P<strong>ro</strong>test- und Hungerstreikaktionen hatten aber auch eine negative<br />

Rückseite. Nicht alle aber – es geht um jene, die sich diesseits der Barrikaden<br />

befanden, um all jene, die ihrem Land und Volk treu geblieben waren, und nicht<br />

um die anderen – waren bereit, daran auch teilzunehmen. Ja, es gab sogar<br />

einige, welche diese sogar kritisierten, davon ausgehend, dass eine offene<br />

Stellungnahme gegen die sowjetischen Behörden negative Folgen für unsere<br />

Repatriierung haben könnte – angesichts dessen, dass das Kräfteverhältnis<br />

zwischen ihnen, den unwiderlegbaren Herren über den gesamten eu<strong>ro</strong>päischen<br />

Osten, und uns, die wir sogar von den Behörden des eigenen Landes<br />

aufgegeben worden waren, gewaltig auseinanderklaffte. T<strong>ro</strong>tzdem aber hatte<br />

auch unser überstarke Gegner seine Achillesferse: das intakte Bewahren seines<br />

der Weltöffentlichkeit gegenüber wohlgeschminkten Images. Darauf bauten wir,<br />

wenn wir am Vorabend der Repatriierung westlicher Gefangener einen Streik<br />

erklärten, davon ausgehend, dass diese die internationale öffentliche Meinung<br />

auf unsere Lage aufmerksam machen würden.<br />

Auf jeden Fall begannen sich im Widerstand zwei Linien<br />

herauszukristallisieren, eine des (eingangs mehrheitlich) moderaten, also<br />

passiven und defensiven Widerstands und eine des (eingangs minderheitlichen)<br />

radikalen, also aktiven und offensiven Widerstands, bestehend aus P<strong>ro</strong>testen,<br />

Arbeits- und Hungerstreiks sowie aus verbalen Auseinandersetzungen mit der<br />

Lagerverwaltung, also ein offener, harter und schonungsloser Widerstand.<br />

Freilich, diese Linie wurde vor allem von den jüngeren Offizieren vertreten, die ja<br />

stets bereit sind für mutige, Opfer fordernde Aktionen. An unserer Spitze jedoch,<br />

der „Radikalen“, standen Senioren, höhere, dienstalte Offiziere mit jung<br />

gebliebenen Herzen: die Obersten Hagiopol, Dimitriu, Grigu]\, R\dulescu,<br />

Mar]ian, {tefanovici, Posutescu, Coja, die Majore Dumitrescu, Fr=nculescu sowie<br />

andere hochrangige Offiziere, auf die ich noch zurückkommen werde, deren<br />

Solidarität uns gegenüber umso nobler war, als sie keine eigenen Forderungen<br />

hatten, wie da für uns die Abschaffung des Arbeitszwangs eine war, wurden sie<br />

ja von der Verwaltung nicht gezwungen zu arbeiten. Seite an Seite mit uns<br />

standen sie t<strong>ro</strong>tz ihres Alters alle Schwierigkeiten durch, ohne auch nur einen<br />

Seufzer von sich zu geben, und boten uns ein superbes Exempel dessen, was<br />

Pflichtgefühl und militärische Ehre betrifft. Die unterschiedlichen Ansichten der<br />

beiden Linien riskierten, wie dies ja in allen menschlichen Gemeinschaften der<br />

Fall ist, einen Riss in den Widerstand zu bringen. 139 Einige der Ressentiments<br />

der Radikalen gegenüber der Passivität der Moderaten während des Streiks im<br />

Isolierungsraum und im Karzer führten zu Spannungen, welche unseren<br />

Zusammenhalt gefährdeten, eine Perspektive, welche die Sowjets, die ja mit<br />

139 Die Begriffe Radikale, Moderate, Widerstand gab es anlässlich dieser Ereignisse noch nicht. Der Autor<br />

verwendet diese a posteriori, um die Beziehungen herauszustreichen, welche zwischen den beiden Linien<br />

bestanden. (Anm. R.M.)

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