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radu m|rculescu - Memoria.ro

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Radu M!rculescu: Leid und Erleuchtung in der sowjetischen Gefangenschaft 348<br />

Sowjetunion zu beflecken?“ (Dies bedeutete, dass von Schubert ihn so informiert<br />

hatte, wie ich ihn gebeten hatten, überlegte ich.)<br />

„Speziell dafür und bloß dafür glaube ich nicht“, habe er ihm geantwortet,<br />

„aber um der sklavischen Arbeit zu entkommen, in die wir gleich Rindern mit<br />

Gewehrkolbenschlägen getrieben werden, oder um aus dem Grab genannt<br />

«Isolator», in dem wir lebendig begraben wurden, freizukommen, ja. Dafür zu<br />

sterben, seien Sie überzeugt davon, werden sich unter uns genug Offiziere<br />

finden. Einen haben Sie gleich vor sich. Zwischen langsamem Tod durch<br />

Aushungerung und Erfrieren, zu dem wir von Ihnen verurteilt worden sind, und<br />

einem raschen selbstgewählten Tod infolge eines Hungerstreiks wird letzterer<br />

vorgezogen. Wisst also, dass ohne das von uns geforderte Papier, in dem Sie<br />

uns vom Arbeitszwang freistellen, jene G<strong>ro</strong>tte, in die Sie uns eingeschlossen<br />

haben, eine Leichengrube wird, und der Name Ustschoara wird in einer<br />

Geographie des Schreckens an die Seite von Auschwitz, Maidanek oder Katyn<br />

gestellt werden. Sie haben mein Ehrenwort, dass genau dies geschehen wird“,<br />

habe Cotea mit ernstem Tonfall abgeschlossen und seinem Gegenüber mit<br />

seinem Haiduckenblick in die Augen gestarrt.<br />

„Gut, Cotea“, habe ihm nach langem Schweigen der Oberst geantwortet,<br />

„ihr werdet das Papier bekommen, das ihr gefordert habt, denn was bringt denn<br />

die Arbeit von Reaktionären und Faschisten wie ihr der Sowjetunion, dass es<br />

sich auszahlen würde, soviel Zeit mit euch zu vergeuden?“ Damit sei die<br />

Diskussion zu Ende gewesen. Kaum hatte Cotea seinen Bericht beendet, als die<br />

Tür aufging und unsere befreiten Kameraden, irgendwie in den gef<strong>ro</strong>renen Dunst<br />

der Alba eingehüllt, in die Hütte stürzten, wir hoben sie hoch, umarmten einander<br />

in einem Triumphdelirium. Da griff der Major noch mal ein:<br />

„Na, was zum Teufel werdet ihr denn jetzt noch fordern? Esst ihr oder esst<br />

ihr nicht?“<br />

„Jaaa“, antworteten wir im Chor. „Jetzt essen wir. Der Hungerstreik ist zu<br />

Ende. Wir haben gesiegt!“… Aber einmal die schwarze Fastenzeit hinter uns,<br />

war, ohne dass wir es merkten, auch die Weihnachtsfastenzeit<br />

vorübergegangen. Nun brach für uns das Fest der Geburt Jesu an. Wir<br />

beglückwünschten allesamt einander, priesen den Herrn, dass er uns zu Seiner<br />

Heiligen Geburt die Erlösung gebracht hatte. Dann aßen wir. Unsere Gesichter<br />

entkrampften sich nach und nach, unsere Augen waren nicht mehr glasig, die<br />

Blicke bekamen ihre Klarheit wieder und ließen aus den Tiefen unserer Seelen<br />

die Lichtfülle des Sieges herausstrahlen. Der erste am Ende einer langen Kette<br />

von Niederlagen. O, Vasile P=rvan, Lob deinem Schatten in den Gefilden<br />

Elysiums, denn du hast uns gelehrt, dass der Sieg der Sohn der Niederlage ist.<br />

Ohne die Niederlage in Oranki, hätten wir da noch den Sieg in dieser heiligen<br />

Nacht gehabt?<br />

In der Finsternis der Hütte, die von den Flammen der Fidibusse nicht<br />

erhellt werden konnte, war oben, rings um den Rauchfang, ein Stückchen des<br />

glasklaren F<strong>ro</strong>sthimmels zu sehen, an dem die Sterne zitterten. Darunter befand<br />

sich sicherlich auch der Stern von Bethlehem, der in dieser heiligen Nacht in das<br />

Dunkel und in unsere Hoffnungslosigkeit einen Hoffnungsschimmer und ein<br />

bisschen Wärme aus der Erlöserkrippe strahlen ließ. „Lob Dir, Herr, für diese<br />

Nacht, in der Deine Macht sich in unserer Machtlosigkeit zeigte!“ Plötzlich

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