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radu m|rculescu - Memoria.ro

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Radu M!rculescu: Leid und Erleuchtung in der sowjetischen Gefangenschaft 230<br />

zusammen mit ihr sofort politisches Asyl in der UdSSR. Was wird der Oberst<br />

denn dann noch zu sagen haben?”<br />

„He, Radu”, griff auch Petre Ilie, klein von Wuchs und g<strong>ro</strong>ß im Rat, ins<br />

Gespräch ein, „wenn du wüsstest, wie sehr ich dich beneide für diese deine<br />

Exkommunizierung, die dir zuteil wurde! Was konnte denn dein Werk besser<br />

krönen als diese Verurteilung seitens einer stumpfsinnigen und P<strong>ro</strong>kustes<br />

huldigenden Macht, welche alles Lebendige entzweischneidet, was nicht in ihr<br />

Bett passt. Ihre Angriffe bestätigen den Wert deines Werkes. Und da ist noch<br />

was. Jetzt haben sich die Wasser getrennt. Diese Mitarbeit der «Freiwilligen!<br />

nervte mich, auch wenn sie weder den Umfang, noch die Qualität der unsrigen<br />

hatte. Sie traten ja gerade so auf, als gehöre die «Operette! auch «ihnen!. Nun,<br />

da «sie! sich von ihr losgesagt haben, nun gehört sie uns und nur uns.“<br />

Die Diskussion hätte noch angedauert, wäre sie nicht vom Abendappell<br />

unterb<strong>ro</strong>chen worden. Nach der Zählung begann ich auf den Lageralleen meinen<br />

üblichen Abendspaziergang. Eines aber verblüffte mich nun. Wo ich auf den<br />

vormaligen Spaziergängen müde wurde vor lauter Händeschütteln zu meiner<br />

Beglückwünschung, schienen meine ehemaligen Bewunderer mir nun<br />

auszuweichen. Freilich, es waren jene, die dachten, dass meinetwegen ihre<br />

Repatriierung aufgeschoben wurde. Gut, dass sie ihre Enttäuschung vorläufig<br />

bloß durch diese Reserviertheit kundtaten. Bald aber sollte sie vehementere<br />

Formen der Unzufriedenheit annehmen, wie es etwa jene Oberst E.s eine war,<br />

also P\s\ric\s, der mich ja die ganze Woche über mit seinen Komplimenten und<br />

Glückwünschen genervt und mich angehalten hatte, ihm die Couplets<br />

vorzupfeifen (für die Stieglitze in seinem Kopf). Er erwartete mich am Ende der<br />

Allee, auf seinen Stock gestützt und mit verd<strong>ro</strong>ssenem Gesichtsausdruck, als<br />

wollte er mich zur Rechenschaft ziehen:<br />

„Na, Herr Leutnant“ (bisher hatte er mich „Meister“ genannt, diese Anrede<br />

sollte nun wohl wieder an den Rangunterschied zwischen uns erinnern), „da hast<br />

du uns aber was eingeb<strong>ro</strong>ckt, was? Hast unsere Gutgläubigkeit ausgenützt und<br />

uns in die Lage gebracht, ein faschistisches Stück zu applaudieren!“ Und mit<br />

jedem Wort wurden Rede und Gestik flammender, vor allem auch, da in unserer<br />

Nähe ein paar „Freiwillige“ standen, allen voran ein berüchtigter Spitzel, der wohl<br />

mitbekommen (und an höherer Stelle berichten) sollte, dass er, Oberst E., sich<br />

von solch ungesunden Manifestationen lossagte. Als ich sah, wie er da mitten<br />

auf der Allee stand und sich darauf verbohrte, die Aufmerksamkeit der<br />

Vorbeigehenden durch sein aggressives Krächzen und seine<br />

Rabenflügelschläge zu wecken (sicherlich mit der Absicht, um uns herum einen<br />

Zuhörerkreis zu versammeln, um mich vor diesem mit seiner antifaschistischen<br />

Empörung platt zu machen), fuhr ich ihm kurz über den Mund:<br />

„Herr Oberst, es ist f<strong>ro</strong>stig und ich kann nicht auf der Stelle stehen. Wenn<br />

Sie mit mir sprechen wollen, dann lasst uns gehen!“ Als ich sah, dass er mir nicht<br />

aus dem Weg trat und es nicht aufgab, seine Zirkusnummer durchzuziehen,<br />

fügte ich hinzu: „Wenn nicht, ich habe die Ehre Sie zu grüßen!“ Ich umging ihn<br />

und setzte meine P<strong>ro</strong>menade fort.<br />

„Warte, Herr Leutnant! Wohin eilst du denn? Du hast ein ganzes Lager<br />

dazu gebracht, den Repatriierungszug zu verpassen, und nun willst du nicht

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