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radu m|rculescu - Memoria.ro

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Radu M!rculescu: Leid und Erleuchtung in der sowjetischen Gefangenschaft 446<br />

„Wir sind rumänische Offiziere, Kriegsgefangene.“<br />

Diese unsere Vorstellung weckte erst Staunen, dann allgemeine<br />

Verblüffung.<br />

„Ihr seid rumänische Offiziere?“, fragte perplex ihr Bulibascha 177 , nachdem<br />

er unsere abgezehrten und unrasierten Gesichter sowie unsere geflickte und<br />

zerrissene Kleidung „überprüft“ hatte, die uns eher als Berufsbettler empfahlen.<br />

„Ja“, antworteten wir fast schon ohne Überzeugung, „wir sind rumänische<br />

Offiziere.“<br />

„Hauleao, hauleao“, begann der Bulibascha an seinen Bart zu rupfen und<br />

zu weinen, „Kiwa, Safta, Margiol, Titilika! Kommt doch her und seht unsere<br />

Offiziere. Die Armen, wie heruntergekommen sie aussehen.“<br />

Und sowie in der Waggontür zig neugierige Köpfe auftauchten, bärtige<br />

Männer mit feurigen Blicken, Frauen mit kunterbunten Kopftüchern und<br />

Halsketten, kraushaarige Kinder mit verschmierten Mündern, da ging auch schon<br />

ein allgemeines Lärmen, Geheul und Klagen los.<br />

„Haoleo, unsere armen Offiziere, wie schön waren sie doch!... Wie glänzte<br />

alles auf ihnen!... Und wie zerlumpt sie nun aussehen!“ Und lauter Weinen, so<br />

dass auch unsere Herzen ob des eigenen Schicksals weich wurden, angesichts<br />

dessen, dass sogar die Zigeuner uns voll bemitleideten.<br />

„Seht hier unsern Könick!“, rief eine Alte und wies auf eine silberne<br />

Jubiläumsmünze mit dem Antlitz des Königs, das sie andächtig küsste.<br />

„Aber habt ihr denn nicht gehört, dass ihn die Kommunisten gestürzt<br />

haben?“<br />

„Doch, haben wir gehört, mein Sohn, möge die schwarze Pest auffressen<br />

den… wir wissen schon, wen.“<br />

„Wie seid ihr jedoch hierher gekommen und wohin bringt man euch nun?“,<br />

fragten wir neugierig und irgendwie bewegt von dieser Begegnung.<br />

„Wir, Herrn Offiziere, sind hierher, an den Buch (Bug, Anm. d. A.), durch<br />

einen Fehler am «Tilifon» gelangt. Der Flürer Ikler (Führer Hitler, Anm. d. A.) hat<br />

dem Antonescu am «Tilifon» gesagt, ihm die «Schidanii! 178 zu schicken, und<br />

Antonescu hat «Ziganii! verstanden, und daher kommt all unser Elend.“<br />

„Und hier musstet ihr arbeiten?“<br />

„O je, o je, Gott verzeih uns! Wir mussten Kartoffeln setzen. Und wir<br />

gingen an die Arbeit: Tagsüber vergruben wir sie in die Nester, nachts gruben wir<br />

sie aus, kochten und aßen sie. Nun schicken sie uns angeblich nach Hause.<br />

Haben auch anerkannt, was wir alles für sie gearbeitet haben. Und Sie?... Wohin<br />

bringen die euch nun?“<br />

„Wissen wir nicht, alter Mann. Irgendwohin, nur nicht nach Hause.“<br />

„Hört“, wandte er sich an die seinen, „nach so bitterlanger Gefangenschaft<br />

lässt man sie nicht einmal frei.“ Währenddessen flüsterte einer der Stellvertreter<br />

des Bulibaschas, der bis dahin Soso C\tuneanu aufmerksam gemustert hatte,<br />

diesem etwas ins Ohr. Nachdem auch dieser Soso forschend anschaute, nickte<br />

er zustimmend, wies auf unseren Kameraden und rief begeistert aus:<br />

177 Oberhaupt eines Romaclans.<br />

178 „Jidanii“ ist abwertend für „evrei“ (Juden) und wurde angeblich mit „"iganii“ (Zigeuner) verwechselt.

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