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radu m|rculescu - Memoria.ro

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Radu M!rculescu: Leid und Erleuchtung in der sowjetischen Gefangenschaft 395<br />

104. Aus den Erlebnissen Hauptmann Nicoale Popescu-Tudors,<br />

was er alles erlitten und gelitten<br />

Gleich nach dem Mittagessen beeilte ich mich, ins Krankenhaus zu<br />

gelangen, um Hauptmann Popescu-Tudor zu sehen. Es war Siestastunde, also<br />

beste Zeit für Krankenbesuche. Es empfing mich ein junger Mann in einem<br />

makellos weißen Kittel und mit einem angenehmen und jugendlich-offenem<br />

Gesicht, Doktor Mihai Popescu. Da er wusste, wie es mit uns, denen aus der<br />

Quarantäne stand, begrüßte er mich warm und führte mich in den Salon, wo<br />

oben, auf einem der Doppelstockbetten, der stark abgemagerte Hauptmann in<br />

Rekonvaleszenz nach einer Lungenkrankheit lag, die er sich in den<br />

Gefängnissen zugezogen hatte, durch die er im Zuge all der Untersuchungen,<br />

Verhöre und P<strong>ro</strong>zesse geschleift worden war. Er freute sich, als er mich sah,<br />

fühlte sich wiedergewonnen für unsere Orankier Gemeinschaft, aus der er<br />

herausgerissen worden war. Ich sah ihn an wie einen von den Toten<br />

Auferstandenen. Er war vor vier Jahren im schwarzen Loch des geheimen<br />

Haftkreises verschwunden, nach jener Gründungssitzung der T-V.-Division, als<br />

er die Dinge beim Namen genannt und den Verrat Verrat geheißen hatte und<br />

Samoilow derart aus dem Häuschen gebracht hatte mit seiner Erwähnung des<br />

Testaments Peters des G<strong>ro</strong>ßen, dass der Oberst fast einen Schlaganfall<br />

bekommen hätte. Bloß von einem Zeugen seines P<strong>ro</strong>zesses hatten wir erfahren,<br />

dass er zum Tode verurteilt worden war, mehr nicht. Und nun war er da, lebendig<br />

und unversehrt. Bei dieser ersten Begegnung und den folgenden erzählte er mir<br />

einiges von all dem, was er erlebt und erlitten hatte. Aus Oranki brachte man ihn<br />

unter der Anklage, im Lager faschistische P<strong>ro</strong>paganda betrieben und die<br />

Sowjetunion beleidigt zu haben, zu Untersuchungen ins Gorkier Gefängnis. Die<br />

Verhöre waren hart, man griff zu allerlei „psychologischen“ Mitteln, um ihn aus<br />

dem Gleichgewicht und in jenen Zustand zu bringen, in dem er alles zugegeben<br />

hätte, dessen man ihn beschuldigte.<br />

Innerhalb dieser Versuche, seinen Widerstand zu brechen, steckte man<br />

ihn eines Nachts in eine stockfinstere Zelle, in der er über die noch warmen<br />

Leiber von frisch Hingerichteten stolperte. Nach einer in derartiger Gesellschaft<br />

verbrachten Nacht, in der er kein Auge zumachen konnte, ging die Tür auf, und<br />

zwei unheimliche, riesigg<strong>ro</strong>ße Wärter luden ihn nach draußen. Der Hauptmann<br />

glaubte, sein Weg sei nun zu Ende und sammelte seine letzten Reserven der<br />

Beherrschung, um dezent über die Schwelle zu treten. Allein, auf dem Korridor<br />

brachen die Wärter in Gelächter aus und begannen, dem Hauptmann<br />

freundschaftlich auf den Rücken zu klopfen. „Krepki Tscholowek“ (Bist stark,<br />

Mann!), sagten sie ihm bewundernd unter Gelächter und Schlägen auf den<br />

Rücken, wie nach einer gelungenen Farce. So brachten sie ihn an jenem Tag<br />

zum Verhör. Als die Untersuchung abgeschlossen war, wurde er vors<br />

Militärtribunal in Gorki gebracht, und ohne viel Brimborium zum Tode verurteilt.<br />

Nachdem man ihm das Urteil verkündet hatte, wurde er in die Zelle der zum<br />

Tode Verurteilten gesteckt. Dort verbrachte er Woche um Woche und wohnte

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