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radu m|rculescu - Memoria.ro

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Radu M!rculescu: Leid und Erleuchtung in der sowjetischen Gefangenschaft 39<br />

davon eines vor meinen Augen verendete, während das andere mit<br />

geb<strong>ro</strong>chenem Bein erschossen werden musste. Auch heute noch lebt in meiner<br />

Erinnerung sein langes und schmerzerfülltes Wiehern weiter, wie es die Ruhe<br />

des in Abend<strong>ro</strong>t getauchten Wäldchens zerriss, genau so wie der Schuss, der<br />

seinem Leiden ein Ende setzen sollte.<br />

*<br />

Ein anderes Bild. Als wir auf unserem Weg durch ein vom Schneesturm<br />

gefülltes kleines Tal kamen, stießen wir auf einen im Schnee stecken<br />

gebliebenen, verlassenen deutschen LKW. Wir halten an, um ihn<br />

auszukundschaften. Was mag ihm und seiner Besatzung widerfahren sein? Ein<br />

T.R.-Kaporal aus K<strong>ro</strong>nstadt namens Weiss, der sich aufs Autofahren verstand,<br />

setzte sich ans Lenkrad und schloss nach einigen Zündversuchen: «Benzin<br />

kaputt!» 25 Also denn, der Wagen war aufgegeben worden. Aber die Menschen?<br />

Die Antwort sollten wir ein paar Stunden später erhalten, als wir auf unserem<br />

Weg eine deutsche Einheit einholten, die schwer vorwärts kam. Und am Ende<br />

der Kolonne, wer kämpfte heldenhaft gegen die Schneemassen? Unser<br />

Hauptmann in Person, der, als er uns sah, sich so sehr freute, als habe er Gottes<br />

Bein zu fassen bekommen. «Wo ist mein Pferd?» war seine erste Reaktion, als<br />

er mich erblickte. «Ich gab’s Sergeant Radu, der mit anderen Reitern die rechte<br />

Flanke absichert», antwortete ich ihm. «Besser, Sie gehen zu dem Pferdewagen,<br />

auf dem sich Ihr Gepäck befindet, essen etwas und ruhen sich aus!»<br />

Dann wandte ich mich auf Deutsch an den Leutnant, der die Einheit<br />

befehligte und den ich aus der Garnison kannte, und lud ihn ein, auf einen<br />

unserer Pferdewagen zu steigen, hatten wir doch das gleiche Ziel. Der Deutsche,<br />

obschon er sichtlich erschöpft war, lehnte meine Einladung höflich ab, er könne<br />

seine Einheit nicht verlassen, vor allem nicht in einer solchen Situation. Der<br />

Hauptmann schien unserem Gespräch keine Aufmerksamkeit zu schenken und,<br />

unter dem stillschweigenden Vorwurf, der in den Augen der gesamten Batterie zu<br />

lesen war, ging er seinen Wagen suchen.<br />

Am Tag darauf, als wir kurz anhielten, erzählte er mir, leicht geniert, seine<br />

unglückliche Reise: Einige Stunden nach der Trennung von uns hatte der LKW<br />

rechts abgeschwenkt von seiner Route, um nach ein paar Dutzend Kilometern<br />

eine verlassene Kolchose zu erreichen, wo die Deutschen ein geheimes<br />

Spritlager hatten, um sich mit Benzin zu versorgen. Die Kolchose war aber vom<br />

Feind besetzt, der sie mit Feuer empfing, und nur vermittels eines verzweifelten<br />

Manövers gelang es ihnen, im letzten Moment mit dem Leben davonzukommen.<br />

Daraufhin zwang das Auftauchen von Panzern sie, ihre Route beständig<br />

abzuändern und das letzte Tröpfchen Benzin für unvorhergesehene<br />

Abweichungen aufzubrauchen.<br />

Nach dieser Enthüllung ging er, um sich auf seinen Wagen schlafen zu<br />

legen, und seither habe ich seiner, in all dem Wirrwarr der Ereignisse, vergessen<br />

und ihn erst im «Lager» wieder gesehen.<br />

*<br />

Ein weiteres Bild. Ein nebliger Morgen, nach einem kurzen Halt an einem<br />

Ort, wo wir mitten in der Nacht, völlig übermüdet, stehen geblieben waren. Als<br />

25 Deutsch im Original.

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