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radu m|rculescu - Memoria.ro

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Radu M!rculescu: Leid und Erleuchtung in der sowjetischen Gefangenschaft 199<br />

aus allen Nähten. Jede Wendung aus der Lobeshymne des Alten wurde von<br />

ihnen mit frenetischem Beifall belohnt, für den Codler persönlich jeweils das<br />

Zeichen gab.<br />

Wir blickten konsterniert zu Boden.<br />

Nach der Lobrede folgte eine Reihe von Danksagungen an die Adresse<br />

Stalins – für seine überwältigende G<strong>ro</strong>ßzügigkeit, uns erlaubt zu haben, uns in<br />

Einheiten zum Kampf gegen den gemeinsamen Feind zu organisieren usw..<br />

Jede Danksagung wurde von weiterem Applaus unterstrichen, bei dem sogar der<br />

hohe NKVD-Mann seine Handflächen <strong>ro</strong>t klatschte. Codler strahlte. Wir aber<br />

waren konsterniert und empört.<br />

„Aber“, sagte zu einem gewissen Zeitpunkt Laiu Grecu; und bei diesem<br />

„aber“ spitzte ich die Ohren. „Aber“, wiederholte der Alte, „eines verstehe ich<br />

nicht: Sind wir denn nicht Offiziere der Rumänischen Armee? Warum also sollen<br />

wir dann «an der Seite der Rumänischen Armee» und nicht «in der Rumänischen<br />

Armee» kämpfen? Deswegen schicke man uns doch nach Hause zu unseren<br />

Einheiten, damit wir in diese eingegliedert gegen die Hitlerdeutschen kämpfen.<br />

Also, rumänische Brüder, auf, zerstören wir die Nazibestie! Aber nicht an der<br />

Seite der Rumänischen Armee, sondern in der Rumänischen Armee. Ich bin<br />

fertig. Danke“, fügte der Alte noch hinzu und zupfte seine schwarze Binde über<br />

der linken Augenhöhle zurecht. Ein lang anhaltender Beifallssturm brach aus –<br />

diesmal waren wir es, die frenetisch applaudierten, und dazwischen wurde<br />

wiederholt skandiert: „Nicht an der Seite, sondern in! Nicht an der Seite, sondern<br />

in!“ Codler, das Präsidium, der NKVD-Mann und die ganze Gruppe der<br />

Dob<strong>ro</strong>woltis standen erstarrt und sprachlos da. Der Alte lächelte verschmitzt<br />

unter dem schräg gestutzten Schnurrbart eines moldauischen Hochländers.<br />

Hatte er denn nicht die Regenbogler und Codler dazu gebracht, ihm wie die<br />

Toren zu applaudieren? Weil unser Beifall sich in ein nachhaltiges, fast<br />

hysterisches Skandieren der von Laiu in Umlauf gebrachten Losung verwandelt<br />

hatte, war Codler gezwungen, die Sitzung abrupt zu beenden. Die Versammlung<br />

löste sich unter unserem Gelächter und Gekicher auf. Unter den konsternierten<br />

Blicken Codlers 100 liefen wir wie die Rebhühner in alle Richtungen auseinander.<br />

Dieser stand unbeweglich da und sammelte um seine Stirn, gleich einem<br />

P<strong>ro</strong>pheten des Alten Testaments, Zorneswolken für uns, das ungläubige Volk,<br />

welches sich über die „Tafeln“ seines neuen Gesetzes lustig machte.<br />

100 Immerhin, um uns die Idee aus dem Kopf zu schlagen, wir könnten „in“ der Rumänischen Armee<br />

kämpfen (was ja unsere Repatriierung voraussetzte) und nicht in den Freiwilligendivisionen, wie es die<br />

Sowjets wollten, hat Codler Laius Vorschlag nach oben, nach Moskau weitergeleitet, woher<br />

erwartungsgemäß eine negative Antwort kam. (Anm. d. Autors)

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