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radu m|rculescu - Memoria.ro

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Radu M!rculescu: Leid und Erleuchtung in der sowjetischen Gefangenschaft 388<br />

unsere Gruppe und dass wir, solange kein Repatriierungsbefehl von höherer<br />

Stelle käme, weiterhin Gefangene blieben.<br />

„Aber der Repatriierungsbefehl war ja schon in Ustschoara da, woher wir<br />

kommen“, hätten sie erwidert. „Die Lagerleitung meinte, wir seien frei,<br />

kommandierte die Bewachung ab, wünschte uns gute Heimkehr und viel Glück<br />

zu Hause. Man schickte uns her, bloß um die Wäsche und einige<br />

Kleidungsstücke auszuwechseln, um dann heimzukehren.“<br />

„Die Wünsche der Lagerleitung sind Höflichkeitsgesten, die wohl mit den<br />

ausgezeichneten Beziehungen zu tun haben, die zwischen euch und ihr existiert<br />

haben mögen“, habe er mit einem viel sagenden Lächeln hinzugefügt.<br />

(Wahrscheinlich hatte er unsere Akten durchgeblättert.) „Aber sie ändern nichts<br />

an eurem Gefangenenstatus. Es stimmt, das Lager ist ein Sborni punkt<br />

(Sammelpunkt), wo Repatriierungstransporte aller Nationalitäten organisiert<br />

werden, und wahrscheinlich wird auch für Sie ein Transport organisiert, vor allem<br />

da es hier noch Rumänen gibt und weitere erwartet werden. Wenn Sie eine<br />

Garnitur füllen, werden auch Sie abreisen.“ Die Enttäuschung, die sie gestern<br />

empfanden, verspürten nun auch wir. Gesagt zu bekommen, dass man „frei“ sei,<br />

neun-zehn Tage lang frei unter freien Menschen zu reisen und dann plötzlich<br />

wieder hinter Stacheldraht zu landen, das kann einen in den Wahnsinn treiben,<br />

wenn man psychisch etwas labiler ist. „Was mag Ziganow denn bewogen haben,<br />

all dies zu inszenieren, mit Reden, Wünschen usw.?“<br />

„Die Angst, wir könnten unterwegs flüchten“, griff Mitic\ B\lan ein. „Er<br />

musste uns nach Morschansk schicken, ohne hinreichend Bewachungsleute zu<br />

haben. Da hat er sich die Lüge mit der Repatriierung ausgedacht. Diese war so<br />

glaubwürdig, dass sogar der Deutsche sie glaubte, der uns her begleitet hat.<br />

Hätte er uns sonst noch so viele Gräuel des NKWD erzählt? Also bediente er uns<br />

statt mit einer Eskorte mit einer Lüge, und hat uns so an der Nase herum von<br />

einem Lager ins andere geführt. Wer hätte denn flüchten sollen, wo wir doch gen<br />

Westen fuhren, heimwärts, und uns aller Freiheiten erfreuten? Ein verschlagener<br />

Kerl, dieser Ziganow. Mensch, hat der uns gelinkt! Hut ab!“, schloss er<br />

bewundernd.<br />

„T<strong>ro</strong>tz allem hat uns der Schuft für neun, zehn Tage glücklich gemacht<br />

und uns die wunderbarste Reise unseres Lebens geboten. Dafür sollten wir ihm<br />

verzeihen“, meinte g<strong>ro</strong>ßzügig Romic\.

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