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radu m|rculescu - Memoria.ro

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Radu M!rculescu: Leid und Erleuchtung in der sowjetischen Gefangenschaft 195<br />

Die anderen wurden nach dem Waffenstillstand vom 23. August<br />

hinterhältig gefangen genommen, dann den gleichen Feuerp<strong>ro</strong>ben unterzogen<br />

und sollten selber auch zu Winterbeginn vor unseren Toren zittern, um uns,<br />

angesichts der neuen sowjetisch-rumänischen Waffenbruderschaft, durch ihre<br />

völlig ungerechtfertigte Gegenwart die Illusionen auf eine baldige Repatriierung<br />

zunichte zu machen.<br />

In der Zwischenzeit hatte das Lager Nachwuchs bekommen. Neben ihm<br />

war eine neue Niederlassung – M=n\st=rka – eröffnet worden, wohin ein Teil von<br />

uns bereits umgesiedelt worden war. Das Lager bestand aus einer g<strong>ro</strong>ßen<br />

Anzahl von Erdhütten. Also war genügend Platz da, um beide Gefangenenwellen<br />

aufzunehmen. Die in M=n\st=rka einquartierten Krimler wurden in gut isolierte<br />

Erdhütten gesperrt, allerdings war dies mehr eine politische denn eine<br />

medizinische Quarantäne. Zugang hatten bloß die Dienste, welche nun durch<br />

neue Freiwillige wieder in den Händen der Verwaltung waren. Für uns, die wir<br />

am Don in Gefangenschaft geraten waren, sowie für die Altgefangenen, die wir<br />

allesamt seit fast zwei Jahren keinen Kontakt mehr hatten zu jemandem, der von<br />

zu Hause kam, bedeutete das Auftauchen der Krimler eine Sensation. Zwischen<br />

diesen und uns erstreckte sich jedoch eine breite neutrale Zone, in der die<br />

Tschassowojs pat<strong>ro</strong>ullierten, welche sowohl uns, als auch die Neuen<br />

wegscheuchten, sooft wir uns den Stacheldrahtzäunen näherten. Folglich wurde<br />

die Kommunikation recht schwierig. Bald sollten sich ein Teil der Jungs über die<br />

Köpfe der Tschassowojs hinweg wieder erkennen, und in einem Wirrwarr von<br />

Schreien und Zurufen versuchten sie, miteinander zu reden.<br />

„Wie geht es denn Soundso?“, schrie einer von uns.<br />

„Guuut“, antwortete der Angerufene, der gar nicht erst verstanden hatte,<br />

um wen es ging. „Guuut, … genausooo, wie du wei-eißt.“<br />

„Und Soundso?“<br />

„Genausooo, wie du wei-eißt.“<br />

„Und meiner Frau?“<br />

„Genausooo, wie du weißt.“<br />

„Also, ich ließ sie schwanger zurück.“<br />

„Genausooo, hat sich nichts geändert.“<br />

Etwa auf diesem Niveau fanden diese Dialoge zwischen Tauben statt, bis<br />

ein paar von unseren wendigeren und mutigeren Jungs eines Nachts, genauer<br />

gegen Morgen, wenn die Versuchung des Schlafes süßer ist und die Wachen<br />

entspannter sind, im Stile eines echten „Kommandos“ heimlich zu den Erdhütten<br />

durchschlüpften, wo sie mit Hilfe der rumänischen Nachtwache ihre Freunde<br />

fanden, um von ihnen Nachrichten von zu Hause, nach denen wir ja so<br />

dürsteten, einzusammeln, und um gleichzeitig das Lügennetz zu zerreißen, mit<br />

welchem sie von den „Diensten“ geschickt umspannt worden waren. Genau das,<br />

was uns vor zwei Jahren, während der Quarantäne, über die „Alten“ gesagt<br />

worden war (sie hätten sich alle bei den Antifaschisten gemeldet, außer ein paar<br />

Gefangenen mit Geistesp<strong>ro</strong>blemen), wurde jetzt auch ihnen über uns aufgetischt,<br />

bloß dass wir uns alle als „Freiwillige“ gemeldet hätten und nun nur noch darauf<br />

warteten, in Einheiten eingeteilt zu werden, um an die F<strong>ro</strong>nt aufzubrechen.<br />

Selbstverständlich galt dies als Empfehlung, das gleiche zu tun, und am besten

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