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radu m|rculescu - Memoria.ro

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Radu M!rculescu: Leid und Erleuchtung in der sowjetischen Gefangenschaft 393<br />

Man steckte sie in den Wald, und, nachdem ein Teil desselben mit an<br />

unzähligen Bäumen angenageltem Stacheldraht eingezäunt worden war, legte<br />

ihnen der Lagerkommandant allerlei Werkzeuge in die Hand, Äxte, Sägen,<br />

Spitzhacken, Brechstangen zum Aufbrechen der gef<strong>ro</strong>renen Erde und sagte zu<br />

ihnen: „Dies ist alles, was ich habe. Wollt ihr leben? Legt Hand an, fällt Bäume,<br />

grabt Gruben, baut euch Hütten, bedeckt sie mit Erde und bringt euch drin in<br />

unter. Von euch hängt es ab, ob ihr lebt oder sterbt.“ Und die Leute gingen an die<br />

Arbeit. Kälte und Schneesturm legten sie um. Die gef<strong>ro</strong>rene Erde war schwerer<br />

aufzubrechen als Stein, und man konnte nicht mehr als 3-4 cm p<strong>ro</strong> Tag graben.<br />

Sie fällten die Bäume, und mit den Ästen und dem Gezweig imp<strong>ro</strong>visierten sie<br />

sich Unterkünfte, bis sie auf die nicht gef<strong>ro</strong>rene Erde stießen. Dann ging das<br />

Graben schneller, und nachdem sie sich Bohlen, Bretter und Balken<br />

zugeschnitten hatten, bauten sie die Hütten zu. Man vergaß nicht, die Fenster<br />

mit soliden Gitterstäben zu versehen und auch nicht, den Dachboden aus Balken<br />

mit viel Erde zu bedecken, um es warm zu haben. Man gab ihnen Blechfässer,<br />

um draus Öfen zu machen. Die während der Errichtung der Erdhütten nicht<br />

erf<strong>ro</strong>ren oder verhungert waren, atmeten nun glücklich auf. Sie hatten ein<br />

Obdach.<br />

Da geschah in einer Schneesturmnacht Ende Februar das Unglück. Eine<br />

Baracke, und zwar jene, die hier, wo wir uns jetzt befinden, stand, geriet in<br />

Brand. Vom glühenden Ofen<strong>ro</strong>hr entzündete sich die Balkendecke. Am dicken<br />

Rauch erstickend, konnten die Menschen weder gegen das Feuer ankämpfen,<br />

noch sich retten, da die Tür von außen verriegelt war, und die Fenster waren<br />

vergittert.<br />

Sie konnten bloß schreien und heulen. Aber wer hätte ihnen denn helfen<br />

können, wo doch auch die anderen in ihren Baracken eingesperrt waren. Bloß ihr<br />

Geschrei, das zu dem aus der brennenden Baracke hinzukam, konnte die<br />

Wachposten wecken.<br />

Aber es war zu spät, die Decke am Eingang war eingeb<strong>ro</strong>chen und<br />

blockierte die Tür. Und die Gitterstäbe an den Fenstern konnten nicht<br />

herausgerissen werden. Als die Wachposten sich letztlich entschieden, auch die<br />

Hütten der anderen Gefangenen aufzuschließen, um ihnen zu helfen, war nichts<br />

mehr zu machen. Unter dem Gewicht der Erde war die brennende Decke nun<br />

gänzlich eingestürzt, hatte alle zugedeckt, zerquetscht und erstickt.<br />

Die hunderte von Spaten, Spitzhauen, mit welchen – begleitet von<br />

zunehmend selteneren und abklingenden Rufe der Unglücklichen – die Erde<br />

umgegraben und die rauchenden Balken entfern wurden, , brachten zum Schluss<br />

nur mehr Leichen zum Vorschein. Kein einziger Überlebender.<br />

„Wir reihten sie alle vor der Erdhütte auf, wie beim «Appell». Es waren<br />

etwa 120, und Vasilic\ darunter. Der Arme! Er war Kontingent ´44, meldete sich<br />

aber freiwillig bereits ´41, denn, sagte er, der Krieg werde bald zu Ende sein…<br />

Mit diesen Deutschen ist nicht zu spaßen, und ich möchte auch wenigstens<br />

einen Tag an der F<strong>ro</strong>nt erwischen. Damit mich die Mädchen nicht auslachen…<br />

es sei Krieg gewesen, und ich habe auf der Veranda gesessen und Wolle<br />

gesponnen.“<br />

„Der Arme, wie viele F<strong>ro</strong>nttage er dann noch erwischte, und was für ein<br />

Ende ihm zuteil wurde!“, hielt der Soldat im Erzählen inne, um einen Knoten im

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