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radu m|rculescu - Memoria.ro

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Radu M!rculescu: Leid und Erleuchtung in der sowjetischen Gefangenschaft 284<br />

Hunde. Ein von der kühlen Berechnung der okkulten Bande aufgehetztes Rudel,<br />

brauchte man ja auch dieses Jahr unbedingt ein Opfer, um die Geiseln unter<br />

Ter<strong>ro</strong>r zu halten.<br />

Und diese Infamie trug sich im Juni 1946 zu, zwei Jahre nach dem<br />

Waffenstillstand und der Waffenbruderschaft, welche diesem folgte, und ein Jahr<br />

nach Kriegsende. Selbstverständlich führte dieser Vorfall im ganzen Lager zu<br />

Unruhen. Nachdem die Aufregung der ersten Momente verflogen war, ging man<br />

zu einer luziden Überprüfung der Möglichkeiten, auf diese sowjetische<br />

P<strong>ro</strong>vokation zu antworten. Es wurde schließlich beschlossen, individuelle<br />

schriftliche P<strong>ro</strong>teste aufzusetzen, und jeder P<strong>ro</strong>testierende sollte diese<br />

persönlich dem Offizier vom Dienst beim Morgenappell überreichen. Zu jenem<br />

Zeitpunkt war Oranki, von wo die Rumänen ein Jahr vorher nach M=n\st=rka<br />

evakuiert worden waren, wieder mit den Aufsässigen dieser verfluchten Nation<br />

von Rumänen bevölkert worden, welche den NKVD-Angestellten mit ihren<br />

Ansprüchen auf Würde und mit ihren Flausen in Sachen Arbeit, dieser noblen<br />

Pflicht eines jeden ehrlichen Bürgers, die Hölle heiß machten.<br />

Scharen von rumänischen Offizieren, die in M=n\st=rka durch ihre<br />

Arbeitsverweigerung oder ihre Konflikte mit den Behörden nicht mehr erwünscht<br />

waren, hatte man nach Oranki gebracht, das solcherweise unmerklich zu einem<br />

Lager von Aufständischen in Wartehaltung geworden war. Dank dieser<br />

dynamischeren und wagemutigeren Zusammensetzung der neuen rumänischen<br />

Kolonie von Oranki konnte diese radikale und gefährliche Aktion – ein<br />

geschriebener P<strong>ro</strong>test war eine Herausforderung, die dem <strong>ro</strong>ten Leviathan, in<br />

dessen Bauch wir uns befanden, ins Gesicht geworfen wurde – 60 bis 70<br />

Zustimmungen von insgesamt 120 Rumänen, die wir dort waren, bekommen.<br />

Geworben wurde dafür in größter Heimlichkeit von Mann zu Mann durch eine<br />

Initiativgruppe, der auch Oberst Stelic\ Dumitriu, Nae Cojocaru und Victor<br />

Clonaru (von jenen, mit denen ich aus M=n\st=rka weggebracht worden war)<br />

angehörten, sowie auch Hauptmann Gic\ Moisescu und Clement Borcea (aus<br />

meinem Regiment) und andere dazu, deren Namen meinem Gedächtnis<br />

entfallen sind, ohne dass ihre Figuren aus meiner Erinnerung gelöscht worden<br />

wären.<br />

Zu mir kam mit der P<strong>ro</strong>paganda mein alter Geschirr-Partner aus der<br />

Elfenbeinschlepper-Brigade, Victor Clonaru.<br />

„Mann, Radu, erinnerst du dich daran, was wir im Winter sagten, als wir<br />

uns die Seele aus dem Leib zogen an den Schlitten?... Oh, käme doch nur<br />

endlich der Sommer!, sagtest du, damit wir diesen Bestien ein Spektakel<br />

machen, dass die Welt davon hört! Erinnerst du dich? Nun gut, schau, der<br />

Augenblick ist gekommen. Es ist Sommer, es ist warm, und ihr Karzer ist keinen<br />

Heller mehr wert ohne Raureif an den Wänden. Schau… nimm dieses Blatt da,<br />

schreibe einen P<strong>ro</strong>test an den Lagerkommandanten. Und morgen beim Appell<br />

drücke es dem Offizier vom Dienst in die Hand! Du wirst sehen, was für ein<br />

Gesicht Mucea machen wird, denn er ist morgen dran, wenn er plötzlich einen<br />

Haufen solcher P<strong>ro</strong>testschreiben bekommt!“<br />

„Wie viele sind wir denn?“<br />

„So viele, wie viele es braucht, damit wir mit unseren Leibern alle Zellen<br />

des Karzers restlos füllen, so dass sie keinen Platz mehr haben werden, auch

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