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tragend. Wunderschön hob sich die schlanke geschmeidige<br />

Gestalt, vom Licht beleuchtet, von dem dunklen Hintergrund der<br />

Türöffnung ab.<br />

„Bist du noch nicht schlafen gegangen, mein liebes<br />

Schwesterchen?“, fragte sie freundlich. „Die Uhr hat ja schon vor<br />

einer Weile 11 geschlagen“.<br />

„Ach, die alte Uhr geht gewiss vor“, erwiderte Marie, „so spät<br />

kann es noch nicht sein“.<br />

„Das glaubst du ja selbst nicht“, antwortete Esther, indem sie<br />

ihr Licht auslöschte und die mitgebrachten Kleider sorgfältig an die<br />

Knagge<br />

. Doch nun komm, wir wollen zu Bett<br />

er die Wirtschaft übernehmen. Du weißt<br />

454 hängte. „Du weißt ja, wie viel der Vater darauf hält. Es<br />

ist ja eine von seinen harmlosen Eigenheiten, dass die Uhr richtig<br />

geht. Wie er sich freut, wenn der Herr Erzpriester den polnischen<br />

Schulmeister Schickedanz herschickt, um nach der Zeit zu fragen,<br />

oder gar der selige Herr Amtshauptmann den alten Paskarbait.<br />

Heute Morgen hat er ja noch, nachdem er den Kalender zu den<br />

alten Jahrgängen unten in den Bücherschragen legte, genau bei<br />

Sonnenaufgang um 8 Uhr 28 Minuten die Uhr verglichen“.<br />

„Was hast du aber so lange noch drüben beim Vater und<br />

Bernhard gemacht?“ fragte Marie.<br />

„Nach dem Abendsegen gab’s doch noch so mancherlei zu<br />

erledigen“, erwiderte Esther, die sich am Tisch niedersetzte und<br />

ihr langes Haar aufflechtete. „Da waren die Kleider des Vaters zur<br />

Frühpredigt zurechtzulegen, dann der Bernhard zu Bett zu<br />

bringen. Dann fiel dem Vater ein, dass an Silvester der neue<br />

Kalender 1688 noch zurechtgemacht werden müsse. Da musste<br />

ich denn den abgelaufenen Kalender auf allen Monaten<br />

durchstreichen, die Buß- und Bettage, Aposteltage usw. auf den<br />

neuen Kalender beischreiben und schließlich hinten eine Schnur<br />

durchziehen, um ihn aufzuhängen. Vaters Fuß musste auch noch<br />

gewickelt werden. Es ist nur gut, dass der Prorektor Orlovius ihm<br />

morgen die Vesper abnimmt, das lange Stehen wird dem alten<br />

Vater doch noch schmerzen<br />

gehen. Ich muss morgen früh heraus. Ich hab’ dem Bernhard<br />

versprochen, ihn morgen zur Frühpredigt mitzunehmen. In der<br />

Speisekammer wollte ich auch noch alles für dich zurechtmachen,<br />

denn du musst morgen hi<br />

ja, dass ich eher dazu nicht Zeit hatte“.<br />

454<br />

Die Knagge ist eine hölzerne Konsole im Fachwerk, die zur Aussteifung und zur<br />

Abtragung von Lasten zwischen den Ständern und den auskragenden Deckenbalken eingezapft<br />

wird. Hier ist ein Holzhaken zum Aufhängen, z.B. von Kleidern, gemeint.<br />

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