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der Jungfer Esther kommt heut zum ersten Mal auf den Altar. Es
wurde erst gestern gegen Abend fertig. Ein schönes seidenes Tuch
ist’s. Als ich es gestern abends abholte, gab es mir die Jungfer
Esther. In den Ecken sind in Silber gestickte Blüten, auch das
Datum vom gestrigen Tag und lateinische Buchstaben, A und G, S
und E, S und T. Ich fragte die Jungfer, was das zu bedeuten
habe“.
„Das ist ein lateinischer Spruch“, sagte sie. Nun sagte sie mir
schnell einige lateinische Worte. „Das versteht Ihr ja,
Schulmeister, Ihr wart ja auf der lateinischen Schule“.
„Natürlich“, sagte ich und dachte, zu Hause wirst du die paar
Buchstaben schon zusammenbekommen. Ja, Prost Mondschein,
mein Fritzchen, ich mochte es lesen, wie ich wollte, ich bekam es
nicht heraus. Ich suche meinen alten George Ratichius - richtig, da
finde ich est - aber nicht esta, ago, aber nicht ags - wenn die
Jungfer nur nicht
so schnell gesprochen und ich besser aufgepasst
hätte. Vielleicht möchtet Ihr, Herr, mir den lateinischen Spruch
erklären, denn einen von den Herren Schulkollegen will ich nicht
fragen. Die machen sich so schon über meine Gelehrsamkeit
lustig, besonders
der neue Konrektor Romanus, und ich bin doch
wirklich auf der lateinischen Schule gewesen“.
„Mit meiner Latinität ist’s nicht weit her“, sagte Thomas.
„Vielleicht kann ich Euch aber doch die lateinische Inschrift
entziffern, wenn ich sie sehe. Hier auf der Straße bei Mond- und
Laternenschein wird’s aber wohl nicht gehen“.
„Herr, wenn Ihr die Gewogenheit
haben wollt, kommt mit in die
Kirche. Es sind ja nur einige Schritte. Da könnt Ihr dann in aller
Bequemlichkeit die Inschrift studieren, während ich die Lichte
aufstecke“, bat der Küster.
Beide gingen nun über den Kirchhof der Kirche zu, während der
sinkende Mond ihre Schatten lang über die Gräber warf.
„Unsere Kirche ist nicht sehr prachtvoll“, sagte der Schulmeister,
die Kirchentür aufschließend. „Sie ist Anno 1656 von den Polen bis
auf den Grund abgebrannt. Nur die Ringmauern
blieben stehen.
Da ist auch die kostbare Bibliothek mit verbrannt, die sich auf der
Kirche befand“.
Thomas trat in das Gotteshaus, entblößte sein Haupt und betete
still. Nur ein kleiner Teil des Kirchenschiffs wurde vom Schein der
Laterne schwach beleuchtet. Also
hier ist Esther getauft und von
Kindheit an aus- und eingegangen, dachte er.
Der Küster ging mit ihm weiter, „Seht Herr“, sagte er, seine
Laterne emporhebend, „da ist das vergitterte Chor des
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