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aber ich bat so lange, bis sie mir entweder in die Kirche zu gehen<br />

erlaubte oder eine Ohrfeige gab. Es war aber auch ganz rührend,<br />

wenn Thomas mit seiner silberhellen Stimme, wie vom Himmel<br />

herab, tröstend sang: Gehabt Euch wohl, Ihr meine Freunde. Aber<br />

was ist Ihr denn, Jungfer Esther? Die Tränen fallen Ihr ja auf die<br />

Brüstung des Chors“.<br />

„Ach, das wurde in unserer Kirche gesungen, <strong>als</strong> sie meine liebe<br />

Mutter beerdigten“, sagte Esther. „Wie fehlt<br />

mir doch das treue<br />

Mutterherz. Ich habe auf Erden keinen Menschen, dem ich’s<br />

klagen kann, was mich seit der letzten Stunde des vergangenen<br />

Jahres so schwer drückt. Wie habe ich der Mutter Rat und Trost<br />

schmerzlich vermisst. Nun muss ich mein Leid allein tragen“. Sie<br />

trocknete ihre Tränen und stand auf.<br />

„Thomas und ich“, sagte Anna, „wir haben unsere Mutter schon<br />

in der frühesten Kindheit verloren, aber Gott hat uns eine gute<br />

Stiefmutter gegeben. Doch wir wollen in’s Pfarrhaus<br />

hinübergehen“.<br />

Thomas hörte, wie Esther, anfangs mit etwas belegter Stimme,<br />

dann aber mit innigem Gefühl sagte: „Gehabt Euch wohl, ihr<br />

meine Freunde, ihr, die aus Liebe um mich weint. Inzwischen lebet<br />

alle wohl, seid hoffnungslieb und glaubensvoll“. Ihre Stimme<br />

verhallte.<br />

Das war ihr Abschied von mir, dachte Thomas, verließ das<br />

Orgelgehäuse und ging die Treppe hinab. Als er die<br />

Verbindungstür zwischen Kirche und Turmhalle öffnete, hörte er<br />

Esthers Stimme:<br />

„Cerber, Cerber,<br />

wo kommst Du denn her? Kommst Du mich<br />

begrüßen?“ Sie streichelte liebkosend den Hund, der ihr mit allen<br />

Zeichen der Freude die Hände leckte.<br />

„Kennt Ihr denn den Hund?“ fragte Anna.<br />

„Das ist ja mein treuer Reisegefährte“, erwiderte Esther.<br />

„Hatte es ganz vergessen“, sagte Anna, „aber wo mag der Hund<br />

hergekommen sein? Er treibt sich doch sonst nie in der Stadt<br />

umher. Der Bruder Wilhelm wird ihn wohl mitgenommen haben.<br />

Komm mit, Cerber“.<br />

Der Hund leckte der Frau Anna und Esther nochm<strong>als</strong> die Hände<br />

und legte sich dann in die Ecke an der Außenseite des Turms<br />

nieder, welche Thomas ihm angewiesen hatte.<br />

„Wird die Kirchtür nicht geschlossen?“ fragte Esther.<br />

„Ich hörte den Herrn Pfarrer, <strong>als</strong> wir nach der polnischen Vesper<br />

eintraten, zum Glöckner sagen, er soll erst nach Sonnenuntergang<br />

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