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Handbuch-zur-Befreiung

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DIE REALISIERUNG DER ALLIIERTEN KRIEGSZIELE 121<br />

Herr zu werden. Am 12. Mai 1926 machte sich PILSUDSKI, nachdem er fast drei Jahre<br />

den Ruhestand genossen hatte, wieder zum Generalstabschef und Kriegsminister, und<br />

seinen Freund MOSCICKI zum Staatspräsidenten. Gestützt auf die Armee übte<br />

PILSUDSKI in diktatorischer Art die eigentliche Macht in Polen aus; so ließ er z.B.<br />

1930 die Führer der Oppositionsparteien inhaftieren. 1932/33 offenbarte Polen Präventivkriegsabsichten,<br />

die aber aufgrund eindringlichen Abraten Englands nicht<br />

ausgeführt wurden. Im Januar 1934 konnten die Spannungen zwischen dem Reich<br />

und Polen mit einem zehnjährigen Nichtangriffspakt und einem Abkommen zum<br />

Schutz der deutschen Minderheiten etwas gedämpft werden. Im Mai 1935 verstarb<br />

PILSUDSKI. Unter seinem Nachfolger Marschall RYDZ-SMIGLY, Oberbefehlshaber der<br />

polnischen Streitkräfte, trat die polnische Großmachtpolitik wieder deutlicher in den<br />

Vordergrund, um mit Rückendeckung der englischen Garantieerklärungen bis 1939<br />

völlig außer Kontrolle zu geraten.<br />

Es kann hier zudem Erwähnung finden, daß die polnischen Maßnahmen nicht nur<br />

gegen Deutsche, sondern in einem erheblichen Umfang auch gegen die polnischen<br />

Juden gerichtete sowie war. 258 So waren nicht nur Plakate „Kauf nicht bei Deutschen!“<br />

zu finden, sondern solche und ähnliche Aufrufe gegen die jüdische Bevölkerung,<br />

„Kauft nicht bei Juden!“, fanden sich ebenfalls zahlreich im Polen der 1930er<br />

Jahre. Aufgrund der Repressionen wanderten in diesen Jahren ca. 500.000 Juden aus<br />

Polen aus, ein Großteil nach Deutschland, ins nationalsozialistische Deutschland. In<br />

Genf hatte Polen offiziell erklärt, es wolle sich mindestens 2,5 Mio. seiner Juden<br />

entledigen. 259 Im April 1938 wurde dazu ein Gesetz erlassen, woraufhin alle sich im<br />

Ausland aufhaltenden Juden sich binnen zwei Wochen bei den entsprechenden<br />

Ämtern in Polen zu melden hätten, andernfalls würden sie ihre polnische Staatsangehörigkeit<br />

verlieren. Es ist nachvollziehbar, daß dies für die meisten völlig unmöglich<br />

war. - Nachfolgend werden die Maßnahmen gegen die deutsche Bevölkerung umrissen.<br />

Die Austilgung des Deutschtums wurde seit dem Kriegsende 1918 auf politischen,<br />

kulturellen und wirtschaftlichen Gebieten sowie durch Anwendung massivster physischer<br />

Gewalt vollzogen. Schon 1919 besaß Polen erste Konzentrationslager, in denen<br />

16.000 Deutsche als Staatsfeinde inhaftiert waren. 260 Am 20. November 1920 übergab<br />

der deutsche Gesandte in Warschau dem polnischen Außenministerium folgende<br />

Aufzeichnung:<br />

„... Willkürliche Verhaftungen von Deutschen sind in allen Teilen des abgetretenen<br />

Gebietes bis in die allerletzte Zeit vorgekommen. Mitunter wird ein willkürlicher<br />

Grund vorgeschützt, der sich nachher als nicht stichhaltig erweist. In einigen<br />

Fällen ist den Betreffenden sogar der Grund der Verhaftung überhaupt nicht bekanntgegeben<br />

worden. Eine Vernehmung findet häufig erst nach längerer Haft<br />

statt.<br />

Verschiedentlich sind solche ohne ersichtlichen Grund verhafteten Deutschen aus<br />

258 Ukrainer und Weißrussen wurden ebenfalls Opfer der „Polnisierungsmaßnahmen“ in den östlich, seit<br />

1920 polnisch besetzten Gebieten.<br />

259 R. Kosiek, a.a.O. S. 299<br />

260 H. Splittgerber: Mißhandelte Zeitgeschichte, Gladbach 1989, zit. n. H. Schröcke, a.a.O. S. 101

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