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Handbuch-zur-Befreiung

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760 KOMM HEIM! – KOMM HEIM INS REICH!<br />

Naturwissenschaft, Geschichte oder Pädagogik hergestellt. Die Gemara wurde zwischen<br />

dem 5. und 8. Jahrhundert abgeschlossen. Anders als die einheitliche Mischna<br />

weicht die Fassung der Gemara in der babylonischen und der palästinischen Talmudausgabe<br />

allerdings voneinander ab.<br />

Beim Babylonischen Talmud kommen schließlich als dritte Schicht die Kommentare<br />

aus späterer Zeit hinzu. Hervorzuheben sind insofern insbesondere jene von<br />

Rabbi Schlomo BEN JIZCHAK [J] (genannt „RASCHI“), einem im 11. Jahrhundert in<br />

Frankreich und Deutschland wirkenden Talmud-Gelehrten.<br />

Die ständige Fortentwicklung der Tradition durch Diskussionen, Kommentare und<br />

Analysen prägt den durchgängig dialektischen Stil des Talmuds. Das bevorzugte<br />

Mittel der Darstellung ist der Dialog zwischen verschiedenen rabbinischen Lehrmeinungen,<br />

der am Ende zu einer Entscheidung führt und den maßgeblichen Stand der<br />

Tradition wiedergibt.<br />

Beide Talmude sind, wie die ihnen zugrundeliegende Mischna die wichtigste<br />

Sammlung religionsgesetzlicher Überlieferungen des rabbinischen Judentums. Sie<br />

bildet die Basis des Talmuds, eingeteilt in 6 „Ordnungen“ (seder), diese wiederum in<br />

7-12 Traktate 1402 (masechet). Die Traktate wiederum bestehen aus Abschnitten und<br />

letztlich aus einzelnen Mischnas. Die Titel der Ordnungen lauten: Zeraim („Aussaat“,<br />

Landwirtschaftliche Abgaben an Priester, sozial Bedürftige, Fremdlinge), Moed<br />

(„Festzeiten“, Fest- und Fasttage), Nashim („Frauen“, Familienrecht), Nezikin („Schäden“,<br />

Straf- und Schadensersatzrecht), Kodshim („Heiligtümer“, Opferkult u.a.) und<br />

Tohorot („Reinigungen“, Reinheit von Opferstätten u.a.).<br />

Zudem ist der Talmud in gesetzliche Bestimmungen (Halacha) 1403 und erzählerische<br />

oder erbauliche Betrachtungen (Aggada) 1404 eingeteilt. Die Mischna-Schicht<br />

gehört ausschließlich dem Halacha-Teil an, gibt also die Auffassungen der rabbinischen<br />

Gelehrten über die rechte Anwendung und Auslegung des Religionsgesetzes<br />

der Tora wieder.<br />

Die Mischna ist aber kein Gesetzeskodex im eigentlichen Sinne. Vielmehr ist sie<br />

eine Synthese der damals vorherrschenden Meinungen unter den Gelehrten in der<br />

Akademie und im Gerichtshof in ihrer gesamten Breite und auch Widersprüchlichkeit.<br />

1402 Für Nichtjuden sind folgende Traktate besonders interessant, da es sich in erster Linie um jüdische<br />

Gesetze handelt, die das Verhältnis gegenüber Nichtjuden näher erläutern und festlegen: Kidduschin<br />

(Von der Trauung), Synhedrin (Gerichtshof), Nidda (Von der Menstruation), Nedarim (Von den Gelübden),<br />

Jabmuth (Von der Schwagerehe), Baba Batra (Letzte Pforte), Kethuboth (Von der Ehe), Joma<br />

(Vom Versöhnungstag), Pesachim (Vom Pesahfest), Schabbath (Ruhetag), Baba Qamma (Erste Pforte),<br />

Erubin (Von der Gebietsvereinigung), Makkoth (Von der Prügelstrafe), Baba Mecia (Mittlere Pforte),<br />

Aboda Zara (Vom Götzendienst) und Megilla (Von der Esterrolle).<br />

1403 Die Halacha (hebr. Gehen, Wandeln) ist der Name des gesetzlichen Teils der Überlieferung des<br />

Judentums. In diesen Auslegungen des schriftlichen Kanons der Tora spiegeln sich die unterschiedlichen<br />

Meinungen der Rabbiner und Schriftgelehrten wider. Sie zielen auf Verhaltensregeln, die das gesamte<br />

Leben der Gläubigen betreffen. Historisch ist die Halacha ein Teil des Talmuds. Sie gehört <strong>zur</strong><br />

sogenannten „mündlichen“ Überlieferung, die sowohl in Jerusalem als auch in Babylon seit der Zeit<br />

nach der Zerstörung des ersten Tempels und der Babylonischen Gefangenschaft festgehalten wurde.<br />

1404 Die Aggada (hebr. Verkündung/Erzählung) enthält im Unterschied <strong>zur</strong> Halacha die nichtgesetzlichen<br />

Inhalte der antiken rabbinischen Literatur, die – meistens im Anschluß an biblische Texte und Stoffe –<br />

das religiöse Denken widerspiegeln, jedoch nicht als verbindliche Lehre gewertet werden. Die meisten<br />

Elemente der Aggada sind über zweitausend Jahre alt.

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