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Handbuch-zur-Befreiung

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JUDAISMUS UND ZIONISMUS 751<br />

Chazaren 1389 ist gegenwärtig umstritten. Einige Historiker und Schriftsteller 1390<br />

vertreten die Hypothese, daß die jüdischen Chazaren die Vorfahren der meisten oder<br />

aller Aschkenasim seien. Diese These wird allerdings heutzutage als antisemitisch und<br />

antizionistisch abqualifiziert. Mag die Frage, ob die Mehrzahl der Juden vornehmlich<br />

ein Turkvolk sind oder nicht, für die Araber und insbesondere für die Palästinenser<br />

von hoher Bedeutung sein, spielt sie für die Betrachtung des jüdischen Geistes bzw.<br />

der jüdischen Geisteshaltung kaum eine Rolle.<br />

Reformjuden<br />

Die Reformjuden, in Europa heute überwiegend als liberale Juden (oder auch progressive<br />

Juden) bezeichnet, bildeten sich im Deutschland des 19. Jahrhunderts heraus.<br />

Im Kern des Reformjudentums steht die Auffassung, daß die ethischen Gesetze des<br />

Judentums zeitlos und unveränderliche seien, die rituellen Gesetze hingegen dem<br />

jeweiligen Lebensumfeld angepaßt werden können. Durch die große Anzahl aus<br />

Deutschland in die USA ausgewanderter Reformjuden wurden die USA im 19.<br />

Jahrhundert zum weltweit wichtigsten Ort dieser Reformbewegung.<br />

Ein Eckdatum der Entwicklung des Reformjudentums markiert die Konferenz in<br />

Philadelphia (1869), auf der die Vordenker des amerikanischen Reformjudentums –<br />

David EINHORN [J], Samuel HIRSCH [J] und andere – ihre Prinzipien formulierten.<br />

Sozial gesehen bestand eine wesentliche Leistung des Reformjudentums in der<br />

weitreichenden Angleichung des jüdischen Alltagslebens sowie auch teilweise ihrer<br />

Liturgie an nichtjüdische – vor allem protestantische – Gepflogenheiten, womit die<br />

Voraussetzung <strong>zur</strong> gesellschaftlichen Integration geschaffen wurde, da sich damit die<br />

Reformjuden von den Nichtjuden äußerlich kaum noch unterscheiden. Während das<br />

Reformjudentum im 19. Jahrhundert und besonders in den USA im 20. Jahrhundert<br />

viele Traditionen des Judentums abzuschaffen bzw. radikal zu verändern suchte und<br />

die Entscheidung in die Hände der Individuen legte, werden heute dennoch viele der<br />

jüdischen Traditionen wieder offener und selbstbewußter durchgeführt. In Deutschland<br />

und später in den USA bildete sich zudem mit dem konservativen Judentum eine<br />

weitere große Strömung heraus, die eine Mittelposition zwischen Orthodoxie und<br />

Reformjudentum einnimmt.<br />

1389 Die Chazaren waren ein nomadisches und später halbnomadisches Turkvolk ungeklärter Herkunft in<br />

Zentralasien. Im 8. oder frühen 9. Jahrhundert konvertierten die Chazaren <strong>zur</strong> jüdischen Religion, wobei<br />

es umstritten ist, ob nur eine schmale Oberschicht oder auch die übrige Bevölkerung die neue Religion<br />

annahm. Einige Forscher haben vorgeschlagen, daß eine politische Motivation für die Konversion in<br />

dem Wunsch lag, einen hohen Grad an Neutralität zu gewährleisten. Das Chazarenreich lag inmitten<br />

wachsender Bevölkerungen, Muslime im Osten und Christen im Westen. Auf der Höhe ihrer Macht<br />

kontrollierten sie weite Teile des heutigen Südrußlands, den Westen des späteren Kasachstans, die Ostukraine,<br />

Teile des Kaukasus sowie die Halbinsel Krim. Es ist ersichtlich, daß die chazarische Nation aus<br />

ethnisch unterschiedlichen Stämmen zusammengesetzt war, da sie die von ihnen unterworfenen Gemeinschaften<br />

absorbierten. Am Ende des 10. Jahrhunderts wurde ihre Macht durch die aufstrebende<br />

Kiewer Rus gebrochen und die Chazaren verschwanden weitgehend aus der Geschichte. (Das Kaspische<br />

Meer heißt bei den Persern heute noch Khasarisches Meer.)<br />

1390 Z.B. Arthur Koestler: Der dreizehnte Stamm – Das Reich der Khasaren und sein Erbe, Molden,<br />

Wien/München/Zürich, 1977

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