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Handbuch-zur-Befreiung

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DIE DEMOKRATIE ALS GARANT DES KAPITALISMUS 489<br />

100%ige Materialisten eine gewisse Logik aufweisen kann. Den Menschen auf seine<br />

Biologie zu reduzieren, macht ihn zum Tier, zum Zombie, zu einer geistlosen Roboterkreatur.<br />

In dieser Eigenschaft ist er aber nicht Person 815 , denn Menschen werden<br />

<strong>zur</strong> Person durch ihre geistig-kulturelle und nicht nur durch ihre seelische bzw.<br />

genetische Prägung, so daß diese durch sie erklingt. Menschen, die die prägenden<br />

Jahre nach ihrer Geburt „verpassen“, wie Kaspar HAUSER, der südfranzösische Junge<br />

Victor oder die beiden Mädchen Amala und Kamala, die in Isolation oder unter<br />

Tieren in der Wildnis aufwachsen, bleiben Zeit ihres Lebens immer ein stark reduziertes<br />

Wesen, die sich stets eher tierähnlich als menschenähnlich gebärden, deren Sinne<br />

zwar wie beim Tier aufs Überleben geschärft sind, intellektuellen Fähigkeiten und<br />

Sprachvermögen bleiben aber völlig unterentwickelt. Solche „Menschen an sich“ sind<br />

vielleicht menschähnliche Wesen, aber niemals Person. Ein Mensch wird nur dadurch<br />

<strong>zur</strong> Person, insoweit er Deutscher, Franzose oder Yanonami Indianer ist. Da die<br />

Menschheit aber kein gemeinsames kulturelles Bezugssystem besitzt, kann es auch<br />

nicht eine „menschliche Person“ geben. Der Glaube an eine „menschliche Natur“ ist<br />

damit auch hinfällig.<br />

Die einen ziehen vereinzelt mit ihren Tieren durch die Steppe, die anderen arbeiten<br />

im Kollektiv auf einem Hof, und beide Gruppen fühlen sich nur deswegen frei,<br />

weil sie gemäß ihren unterschiedlichen Naturen leben können. Auch der Glaube an<br />

den Vorrang des Individuums über die organischen und historischen Gemeinschaften,<br />

die Völker, wäre noch in den 1950er Jahren des 20. Jahrhunderts nicht nur von uns<br />

Deutschen mehrheitlich als blanker Unsinn erkannt worden. Ein Volk ist ein geistiger<br />

und willensfähiger Organismus, der eine höhere Ordnungsebene bekleidet als eines<br />

seiner Individuen, auch wenn die offizielle Nachkriegssoziologie den Begriff „Volk“<br />

als soziologischen Ordnungsbegriff in seiner Bedeutung negiert. Der Vergleich mag<br />

abgeschmackt und vielleicht unpassend erscheinen, aber was bei einem Bienen- oder<br />

Armeisenvolk gilt, gilt auch bei humanen Völkern: die Gesamtheit der Individuen ist<br />

mehr als ihre bloße Summe – eben deswegen bezeichnet man diese Gesamtheit als<br />

Volk und nicht als Haufen oder Masse.<br />

Darüber hinaus ist die Religion der Menschenrechte mit dem europäischen<br />

Rechtsbegriff unvereinbar. Wenn Gesetze auslegt werden, heißt es: „Es ist der Wille<br />

des Gesetzgebers.“ Das ist richtig und bezieht sich auf das gesetzte Recht. Wer ist<br />

aber „Gesetzgeber“, wenn nicht ein bestimmtes Volk (= Volksgeist)? Nun gibt es aber<br />

auch ungeschriebenes Recht. Ist dieses möglicherweise kein Wille? Wie entsteht<br />

Gewohnheitsrecht? Durch „longa diuturna consuetudo et opinio necessitatis“ (lang<br />

andauernde Übung in der Überzeugung von der Notwendigkeit derselben. Aus der<br />

Einsicht in die Notwendigkeit fließt der Wille, daß es so sei.). Recht ist dem Begriffe<br />

nach praktischer Geist (Wille) und insofern allgemeiner Wille, als es (praktischer)<br />

Geist eines Volkes ist. Die „Weltgemeinschaft“, die „Vereinten Nationen“ usw. sind<br />

keine aktualen Lebewesen, keine natürlichen Organismen, die einen Willen haben<br />

könnten. Sie können allenfalls einem Willen – wessen auch immer – Ausdruck und<br />

Geltung verschaffen. Genau deswegen können sie aber niemals Recht setzen.<br />

815 Person: lat. per = durch, sono = (er)tönen, (er)klingen

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