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Handbuch-zur-Befreiung

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JUDAISMUS UND ZIONISMUS 749<br />

Der Judaismus – jüdisches Selbstverständnis und der<br />

zionistische Traum<br />

Bevor wir uns eingehend mit dem Judaismus befassen, sollen zunächst einige<br />

Grundbegriffe geklärt werden, deren Definition Voraussetzung zum weiteren Verständnis<br />

ist. 1384<br />

Grundbegriffe zum Judaismus<br />

Juden ethnographisch<br />

Kaum ein Deutscher hat ein Problem damit, öffentlich und laut von „den Amerikanern“,<br />

„den Russen“, „den Franzosen“ oder „den Türken“ zu sprechen, obwohl<br />

einige besonders gute „Gutmenschen“ sich sogleich erklären müssen, daß es „die<br />

Amerikaner“, „die Italiener“ oder „die Türken“ gar nicht gäbe, da alle ganz unterschiedliche<br />

Individuen seinen. Aber öffentlich und laut von „den Juden“ zu sprechen,<br />

traut sich – zumindest in Deutschland – kaum jemand, was alleine schon die Sonderstellung<br />

der Juden kennzeichnet. Wir sind offenbar so dressiert, daß, sobald wir von<br />

den Juden sprechen, sofort unser anerzogener Schuldkomplex aktiv wird, oder daß<br />

eine latente Angst, als Antisemit gesellschaftlich geächtet zu werden, uns die Kehle<br />

zuschnürt. Ohne zu wissen, was das als „die Juden“ bezeichnete gesellschaftliche<br />

Phänomen ist, kann die weltgeschichtliche Entwicklung aber nicht verstanden werden.<br />

Die Schwierigkeit, die Juden zu fassen, liegt sowohl in ihrer Heterogenität als<br />

auch in ihrer (geistigen) Beweglichkeit. Allgemein werden als Juden sowohl die<br />

Angehörigen des jüdischen Volkes als auch die Angehörigen der jüdischen „Religion“<br />

bezeichnet. Die Juden selbst bezeichnen sich je nach Zweckmäßigkeit entweder<br />

als Volk, obwohl sie keiner einheitlichen Rasse angehören, oder als „Mitbürger<br />

jüdischen Glaubens“. Nach orthodoxer Auslegung der Halacha 1385 , den jüdischen<br />

Religionsvorschriften, gilt derjenige als Jude, der eine jüdische Mutter hat, unabhängig<br />

davon, ob er die jüdischen Glaubensvorschriften befolgt oder nicht. In einigen<br />

Teilen des Reformjudentums gilt auch derjenige als Jude, der eine jüdische Mutter 1386<br />

oder einen jüdischen Vater hat, wobei angemerkt werden muß, daß das Reformjudentum<br />

in Israel weder Ansehen noch Einfluß genießt. Außerdem gilt als Jude, wer<br />

formell mit allen Riten 1387 die Konversion zum Judentum vollzogen hat und von<br />

1384 Die folgenden Ausführungen sind größtenteils Wikipedia (http://wikipedia.org/) entnommen.<br />

1385 Die Halacha (hebr. Norm) ist der Name des gesetzlichen Teils der Überlieferung des Judentums, im<br />

Unterschied <strong>zur</strong> Aggada. In diesen Auslegungen des schriftlichen Kanons der Tora spiegeln sich die<br />

unterschiedlichen Meinungen der Rabbiner und Schriftgelehrten wider. Sie zielen auf Verhaltensregeln,<br />

die das gesamte Leben der Gläubigen betreffen. Historisch ist die Halacha ein Teil des Talmuds. Sie<br />

gehört <strong>zur</strong> sogenannten „mündlichen“ Überlieferung, die sowohl in Jerusalem als auch in Babylon seit<br />

der Zeit nach der Zerstörung des 1. Tempels und des Exils festgehalten wurde.<br />

1386 Mutter, Großmutter, Urgroßmutter oder Ururgroßmutter (jeweils mütterlicherseits), die religiöse<br />

Jüdinnen waren.<br />

1387 Für einen nach der Halacha gültigen Gijur gibt es drei notwendige Bedingungen: 1. Ol mitzwot („Joch<br />

der Gebote“): Die bewußte selbstständig getroffene Entscheidung, von nun an als Jude unter dem Mitzwot<br />

(Gebote) zu stehen und Verantwortung dafür zu tragen. 2. Brit mila: Beschneidung, falls es sich

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