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Handbuch-zur-Befreiung

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DIE REALISIERUNG DER ALLIIERTEN KRIEGSZIELE 75<br />

Als größte Volksgruppe sicherten sich die Tschechen sogleich die wichtigsten Posten<br />

in Politik, Verwaltung und Militär. Aus dieser Machtposition heraus wurde auf<br />

die Minderheiten – unter Mißachtung der Minderheitenschutzregelung des „Versailler<br />

Vertrages“ – ein stetig steigender Druck ausgeübt. Die Maßnahmen gegen die Sudetendeutschen<br />

beinhalteten Enteignungen von Grundbesitz durch „Bodenreformen“,<br />

Wirtschafts- und Finanzregelungen gegen Industrie und Gewerbebetriebe, Schließung<br />

deutscher Schulen und kultureller Einrichtungen, gezielte Behördenwillkür, Razzien<br />

und Inhaftierungen unter fadenscheinigen Argumenten und allgemeiner Terror. Dazu<br />

Tschechisierungsmaßnahmen durch Umsiedlungsaktionen in zuvor rein deutschsprachiges<br />

Gebiet. Bezeichnend ist, daß 1938 von den 800.000 Arbeitslosen der Tschecho-Slowakei<br />

500.000 Deutsche waren. Als 1936 die Tschechische Regierung ein<br />

„Staatsverteidigungsgesetz“ erließ, wurde zudem in den Grenzzonen – dem Wohngebiet<br />

der Deutschen – ein ständiger Ausnahmezustand geschaffen.<br />

Im Mai 1938 reiste der Führer der Sudetendeutschen Partei (SdP), HENLEIN, nach<br />

London, um britischen Politikern die Lager der Sudetendeutschen und die Notwendigkeit<br />

ihrer Autonomie zu erklären. Am 21. Mai verbreitete Prag die Nachricht,<br />

Deutschland würde seine Truppen mobilisieren und an der tschechischen Grenze<br />

konzentrieren, weshalb die tschechische Regierung wiederum 180.000 Reservisten<br />

einberufen habe, woraufhin die meisten Deutschen im wehrfähigen Alter ins Reich<br />

flüchteten, um sich dem Zugriff der tschechischen Armee zu entziehen. Der französische<br />

Militärattaché in Deutschland konnte allerdings keine ungewöhnlichen militärischen<br />

Bewegungen oder Truppenkonzentrationen feststellen. Nachdem sich in den<br />

folgenden Monaten die Sudetenkrise zugespitzt hatte, entsandte England am 3.<br />

August 1938 Lord RUNCIMAN mit einer Kommission ins Sudetenland, um die Verhältnisse<br />

zu erkunden. Daraus erwuchs sein Vorschlag, der am 7. September in der<br />

„Times“ veröffentlicht wurde, die Gebiete mit deutscher Mehrheit aus der Tschecho-<br />

Slowakei ganz herauszulösen, mit dem Reich zu vereinigen und den Volksdeutschen<br />

in der Resttschechei die Autonomie zu gewähren. Am 12. September 1938 führte<br />

HITLER in seiner Rede auf dem Reichsparteitag in Nürnberg aus:<br />

„... Was die Deutschen fordern ist das Selbstbestimmungsrecht, das jedes andere<br />

Volk auch besitzt ... aber ich stelle die Forderung, daß die Unterdrückung der 3 1 / 2<br />

Millionen Deutschen in der Tschecho-Slowakei aufhört und an dessen Stelle das<br />

freie Recht der Selbstbestimmung tritt ... Die Deutschen in der Tschecho-Slowakei<br />

aber sind weder wehrlos, noch sind sie verlassen. Das möge man zu Kenntnis<br />

nehmen.“<br />

An diesem selben 12. September wurden im Sudetenland 13 Deutsche Opfer des<br />

gewaltsamen Vorgehens seitens der Polizei, und die tschechisch-slowakische Regierung<br />

verhängte dort das Standrecht. Auf die Forderung HENLEINS nach Aufhebung<br />

des Standrechtes wurden dann etwa 20.000 Sudetendeutsche verhaftet und als Geiseln<br />

in Konzentrationslager eingeliefert; über 30.000 flohen ins Reich. Die militärischen<br />

Drohgebärden können hier nicht im einzelnen wiedergeben werden, eine deutsche<br />

Einschätzung der militärischen Lage ist aber in diesem Zusammenhang sehr interessant.<br />

Generaloberst Ludwig BECK führte in einer Denkschrift vom Mai 1938 aus, daß

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