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Handbuch-zur-Befreiung

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BEGRIFFSDEFINITIONEN UND ERLÄUTERUNGEN 441<br />

MARX entdeckte, sich immer neu aufbauende Widerspruch zwischen den wachsenden<br />

Produktivkräften und den gesellschaftlichen Produktivverhältnissen, die Kraft, die die<br />

Geschichte antreibt. Der Soziologe und Begründer der Systemtheorie in Deutschland,<br />

Niklas LUHMANN 745 , fordert für die Gesellschaftswissenschaften die Hinwendung zu<br />

einer „zweiwertigen“ bzw. sogenannten „transklassischen Logik“ 746 . Das internationale<br />

Völkermordprogramm findet damit in der modernen, an den Universitäten<br />

gelehrten Soziologie dergestalt Eingang, daß Volk als natürlicher soziobiologischer<br />

Ordnungs- oder Strukturbegriff einfach ausgeklammert wurde. Für LUHMANN sind<br />

humanistische und regionale (nationale) Gesellschaftsbegriffe theoretisch nicht<br />

satisfaktionsfähig, überleben allenfalls noch im Sprachgebrauch und sollen an ihrer<br />

eigenen Unbrauchbarkeit zerbrechen. 747 So nimmt LUHMANN das globale Völkermordprogramm<br />

theoretisch vorweg. Noch deutlicher wird LUHMANN im folgenden<br />

Abschnitt:<br />

„Würde man den Menschen als Teil des Gesellschaftssystems ansehen, zwänge<br />

das dazu, die Theorie der Differenzierung als Theorie der Verteilung von Menschen<br />

anzulegen – sei es auf Schichten, sei es auf Nationen, Ethnien, Gruppen.<br />

Damit geriete man jedoch in eklatanten Widerspruch zum Konzept der Menschenrechte,<br />

insbesondere zum Konzept der Gleichheit. Ein solcher ‚Humanismus’<br />

würde also an eigenen Vorstellungen scheitern. Es bleibt nur die Möglichkeit,<br />

den Menschen voll und ganz, mit Leib und Seele, als Teil der Umwelt des<br />

Gesellschaftssystems anzusehen.“ 748<br />

Der Mensch soll also nicht als Teil des Gesellschaftssystems gesehen werden, sondern<br />

als ein Teil dessen Umwelt. Demnach schafft der allgemeine Mensch, das Volk,<br />

nicht das Gesellschaftssystem selbst, sondern der Mensch ist <strong>zur</strong> bloßen Randbedingung<br />

des Systems degradiert. Zudem darf nur das gelten, was sich in dem Konzept<br />

der Menschenrechte und des Egalitarismus einfügt. Hiermit ist nichts anderes ausgedrückt<br />

als die Vernichtung der Selbstherrlichkeit der Nationen, die gegenwärtig<br />

überall im Namen der Menschenrechte und eines gleichmacherischen Menschenbildes<br />

angegriffen werden. Es ist das Ende der Freiheit der Völker und damit auch das Ende<br />

der Freiheit der Individuen. Nicht die Erkenntnis der Wahrheit ist dabei die Richtschnur,<br />

sondern ausschließlich die Rechtfertigung eines todbringenden Feldzuges <strong>zur</strong><br />

Weltbeherrschung.<br />

Die Widernatürlichkeit dieser Konzeption ist offensichtlich. Es ist menschen- und<br />

völkerverachtend und könnte nicht stärker im Widerspruch <strong>zur</strong> deutschen Geistesauffassung<br />

sein. Nach HEGEL ist die Geschichte der Gang Gottes durch die Welt zu sich<br />

selbst, womit sich in der Weltgeschichte Gott selbst als Absoluter Geist erkennt. Und<br />

nicht zuletzt fordert LUHMANN mit der Aussage: „Die Frage, was denn Geschichte<br />

745 Geb. 08.12.1927 in Lüneburg, gest. 06.11.1998 in Bielefeld<br />

746 Niklas Luhmann: Die Gesellschaft der Gesellschaft, Bd. I, Suhrkamp, Frankfurt/M. 1997, S. 17 i.V.m.<br />

Fn. 2<br />

747 Ebda. S. 33<br />

748 Ebda. S. 29 f.

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