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Handbuch-zur-Befreiung

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136 KOMM HEIM! – KOMM HEIM INS REICH!<br />

haben – das bedeutete das Todesurteil, welches entweder von Soldaten oder auch von<br />

rohen polnischen Zivilisten vollstreckt wurde. Selten trat der Tod sofort ein, viele<br />

Deutsche wurden vor ihrem gewaltsamen Tod noch mit Gewehrkolben und Bajonetten<br />

gequält. Die Hilfeleistung an Schwerverletzten wurde verhindert. Wer von der<br />

Polizei gefangengenommen wurde, hatte Glück, denn hier wurde er zwar mißhandelt,<br />

aber i.d.R. nicht ermordet.<br />

Auch vor evangelischen Gotteshäusern machten die aufgehetzten Polen nicht halt:<br />

„Von den Kirchtürmen wird geschossen!“ – so der Vorwand für die Erstürmung der<br />

Kirchen und die Mißhandlung und Erschießung von (evangelischen) Geistlichen und<br />

ihren Angehörigen.<br />

Am 4. September verließ das polnische Militär Bromberg; die Kontrolle der Straßen<br />

übernahmen bewaffnete Streifen polnischer Jugendlicher. Am 5. September<br />

rückten deutsche Soldaten in Bromberg ein. Die verstörten Deutschen, die am Leben<br />

geblieben waren, wagten sich wieder aus ihren Verstecken. Die deutschen Opfer und<br />

die Massengräber wurden nach und nach gefunden, und allmählich erkannte man das<br />

grausame Ausmaß des Bromberger Blutsonntags. Tagelang lagen die Toten noch auf<br />

den Feldern, in den Höfen und Gärten oder vor ihren Häusern, manchmal nur mit<br />

Zweigen und Laub bedeckt oder oberflächlich verscharrt. Viele lagen zu zweit oder<br />

zu dritt mit Stricken zusammengefesselt am Straßenrand, viele Opfer wurden erst<br />

später an entlegenen Orten aufgefunden, viele blieben für immer vermißt. Die gefundenen<br />

Leichen wiesen kaum zu schildernde Verstümmelungen auf. Über 900 Deutsche<br />

fanden ihre letzte Ruhe auf dem Ehrenfeld des evangelischen Neuen Friedhofs in<br />

Bromberg, auf dem heute (polnische) Hochhäuser stehen.<br />

Allein in und um Bromberg wurden mindestens 5.437 – eine durch internationale<br />

Zeugen überprüfte Zahl – Deutsche unter grauenvollen Umständen ermordet. Über<br />

die Gesamtzahl der Toten der polnischen Massaker von 1939 gibt es bis heute keine<br />

genauen Zahlen. Der ostdeutsche Historiker Theodor BIERSCHENK nannte im Jahr<br />

1954 die Zahl von 12.857 identifizierten Toten, die sich – nach Feststellungen der<br />

seinerzeitigen „Gräberzentrale Posen“ – auf 15.000 Tote erhöht haben sollte. Die<br />

gleichen Opferzahlen nannte im Jahr 1955 der aus Lodsch stammende sozialdemokratische<br />

Publizist Otto Heike. Die Reichsregierung bezifferte 1940 die Zahl der Vermißten<br />

mit 45.000 und die Gesamtopferzahl der deutschen Volksgruppe in Polen mit<br />

58.000. 270<br />

Polnische Heckenschützen schossen auch nach dem Rückzug der polnischen Armee<br />

auf die deutschen Soldaten: am 5. und 6. September, am 7. September sogar von<br />

den Kirchtürmen der Jesuitenkirche. Nach öffentlicher Androhung fanden daraufhin<br />

Geiselerschießungen statt. Am 9. und 10. September wurden vierzig Geiseln öffentlich<br />

erschossen. 271 Schießereien fanden aber dennoch bis zum 30. September statt.<br />

Etwa 3.000 polnische Einwohner Brombergs wurden im Zusammenhang mit dem<br />

Blutsonntag verhaftet und interniert. Volksdeutsche Zeugen identifizierten Polen, die<br />

270 Hans Schadewaldt: Die polnischen Greueltaten an den Volksdeutschen in Polen, im Auftrage des<br />

Auswärtigen Amtes auf Grund urkundlichen Beweismaterials zusammengestellt, zweite ergänzte Auflage,<br />

Berlin 1940<br />

271 Nach HLKO auch schon damals geltendes Recht.

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