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Handbuch-zur-Befreiung

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DIE DEUTSCHE ALTERNATIVE: DEUTSCHER VOLKSSOZIALISMUS 531<br />

der revolutionären Philosophie [Frankreichs] mit der Vergangenheit, der Versuch<br />

(der sich in der Philosophie des Descartes angekündigt hatte), eine tabula rasa<br />

mit der zufälligen Sammlung von Traditionen und Institutionen, wie sie die Geschichte<br />

uns bietet, zu machen, um statt dessen eine auf Vernunft gegründete soziale<br />

Struktur zu bilden [der Versuch eine Gesellschaft „am Schreibtisch“ zu konstruieren,<br />

anstatt sie organisch aus sich selbst zu entwickeln], wurde als Quelle<br />

und Ursprung allen Übels angesehen. Daß Geschichte selbst fleischgewordene<br />

Vernunft darstelle, daß die Geschichte unendlich vernünftiger als die formal abstrahierende<br />

und verallgemeinernde Vernunft der Einzelnen nur durch die Aufnahme<br />

und Verarbeitung der allgemeinen Vernunft, wie sie sich in den geschichtlichen<br />

Institutionen und in der historischen Entwicklung verkörpert, vernünftig<br />

werde: das wurden Glaubensartikel des deutschen geistigen Bekenntnisses. Es ist<br />

kaum eine Übertreibung, wenn man sagt, daß beinahe ein Jahrhundert lang Geschichtsphilosophie<br />

die charakteristische Philosophie Deutschlands gewesen ist,<br />

selbst wenn es in der äußeren Form nicht so sichtbar wird.<br />

Jedoch die Bedeutung dieses Bezuges auf die Geschichte geht verloren, wenn wir<br />

uns nicht der Tatsache bewußt bleiben, daß die Aufklärung schließlich Deutschland<br />

ihr grundlegendes Prinzip aus dem mittelalterlichen Denken übermittelte.<br />

Dieser Bezug ging nicht vom Verstand <strong>zur</strong> Erfahrung, sondern vom analytischen<br />

Denken (seitdem als bloßer ‚Verstand’ abgetan) zu einer absoluten und allgemeinen<br />

Vernunft, die sich teilweise in der Natur offenbarte, sich aber noch gemäßer<br />

in der menschlichen Geschichte als einem organischen Prozeß offenbarte. Der<br />

Rückgriff auf die Geschichte war notwendig, nicht wegen der empirischen Lehren,<br />

die sie zu erteilen hatte, und auch nicht, weil die Geschichte uns beständige Einrichtungen<br />

vererbt, mit denen man zu rechnen hat, sondern weil die Geschichte<br />

die dynamische und sich entfaltende Verwirklichung der immanenten Vernunft ist.<br />

Die Gegenüberstellung der deutschen Haltung mit der von Edmund Burke ist lehrreich.<br />

Der letztere teilte dieselbe tiefgründige Feindschaft gegen jegliche Lösung<br />

von der Vergangenheit, nicht weil die Vergangenheit eine Verkörperung der<br />

transzendenten Vernunft sei, sondern weil ihre Einrichtungen ein ‚Erbe’ seien, das<br />

uns die ‚gesammelte Weisheit’ unserer Vorfahren vermacht hätte. Die Kontinuität<br />

politischen Lebens bewegt sich nicht um eine sich innerlich entwickelnde Idee,<br />

vielmehr bewegt sie sich um ‚unseren Herd’, unsere Gräber und um unsere Altäre!’<br />

Er hegt den gleichen Verdacht gegen die abstrakten Menschenrechte. Er beruft<br />

sich auf die Erfahrung und auf die praktischen Folgen. Weil die ‚Begleitumstände<br />

in der Wirklichkeit jedem Prinzip’ seine besondere Farbe und seine charakteristische<br />

Wirkung geben, liegt in keinem Prinzip Richtigkeit, wenn ‚es jeder<br />

Beziehung beraubt in all der Nacktheit und Verlassenheit metaphysischer Abstraktion<br />

dasteht.’<br />

Nach deutscher Ansicht protestierten die Engländer gegen den abstrakten Charakter<br />

der französischen Lehre, wonach die Rechte in der natürlichen Vernunft<br />

begründet waren, weil sich deren Ansprüche mit den Ansprüchen der empirisch<br />

oder historisch begründeten Rechte und Privilegien überschnitten: die Deutschen<br />

hingegen protestierten, weil sie in der Revolution einen grundsätzlichen Irrtum

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