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Handbuch-zur-Befreiung

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DIE REALISIERUNG DER ALLIIERTEN KRIEGSZIELE 235<br />

der Neuorganisation spielen zu können, erfüllten sich dabei aber nicht, denn ihre<br />

Meinungen und Interessen waren für die Besatzer allenfalls zweitrangig. Die Siegermächte<br />

hatten die gesamte Staatsgewalt übernommen und gingen nach eigenem<br />

Gutdünken und völlig selbstherrlich entsprechend ihren eigenen Zielsetzungen vor.<br />

Unter dem Vorzeichen der totalen Kapitulation und des von den Siegermächten<br />

fortgesetzten Kriegszustandes waren die Weimarer Politiker, von denen sich ein Teil<br />

als „Widerstandskämpfer“ aufspielte, von vornherein nur bloße Werkzeuge der<br />

Besatzungsmächte. Laut Potsdamer Abkommen der „Großen Drei“ von Juli/August<br />

1945 „sind in ganz Deutschland alle demokratischen Parteien zu erlauben und zu<br />

fördern mit Einräumung des Rechtes, Versammlungen einzuberufen und öffentliche<br />

Diskussionen durchzuführen“. „Undemokratische“ Parteien und Versammlungen<br />

konnten und wurden entweder von vornherein nicht zugelassen oder später verboten,<br />

wie die Sozialistische Reichspartei (SRP). Mit dem Dekret des Marschalls SCHUKOW<br />

vom 10. Juni 1945 über die Bildung politischer Parteien gingen die Russen in der<br />

Zulassung von Parteien zeitlich den Westmächten voran. In der amerikanischen Zone<br />

wurden mit Erlaß vom 27. August 1945 Parteien auf Kreisebene zugelassen. Hier<br />

ging man den umgekehrten Weg wie die Russen mit der zentralistischen Methode von<br />

oben nach unten. Ab November 1946 genehmigte die amerikanische Militärregierung<br />

die Zulassung dann auf Landesbasis. In der britischen Zone wurden Parteien ab dem<br />

15. September 1945 gleich auf Zonenbasis erlaubt, in der französischen Zone um die<br />

Jahreswende 1945/46. 437<br />

Zugelassene Parteien waren: Kommunistische Partei, Sozialdemokratische Partei,<br />

Christlich-Demokratische Union als Nachfolgerin der ehemaligen konfessionellen<br />

Massenpartei des Zentrums, die Christlich-Soziale Union in Bayern als Nachfolgerin<br />

der Bayerischen Volkspartei, die Freie Demokratische Partei als Erbe der Deutsch-<br />

Demokratischen und teilweise auch der Deutschen Volkspartei. Andere Parteien wie<br />

die Deutsche Partei und die Bayernpartei spielten von Anfang an nur eine Nebenrolle,<br />

wurden in ihrer Entstehung behindert und verschwanden bald wieder. Als „Systemträger“<br />

der von den Besatzungsmächten organisierten Nachfolgestaaten des Deutschen<br />

Reiches blieben vor allem die SPD, die CDU, die CSU sowie die FDP. In der<br />

Sowjetzone wurde bekanntlich eine Einparteienherrschaft aufgebaut mit der Sozialistischen<br />

Einheitspartei (SED), der Erbin der KPD, als letztlich allein staatstragender<br />

Partei. Die nominell weiterhin zugelassenen bürgerlichen Parteien in der Sowjetzone<br />

spielten nur eine Schattenrolle als abhängige „Blockparteien“. Die Kommunistische<br />

Partei der Sowjetzone, deren maßgebliche Funktionäre in Moskau geschult und<br />

bereits am 30. April 1945 nach Berlin eingeflogen wurden (Gruppe Walter<br />

ULBRICHT), hatte ein klares Programm und führte unter Aufsicht der sowjetischen<br />

Militär-Administration die „Sozialisierung“ (Bolschewistisierung) durch. ULBRICHT<br />

war Oberst der Roten Armee und erwies sich als „starker Mann“ im Sinne STALINS.<br />

Die zugelassenen Parteien waren nicht nur Vollzugsorgane der Besatzungsmächte,<br />

sondern auch Werkzeuge der Rache der Weimarer Parteien und Politiker an ihrem<br />

einstigen Gegner, der nationalen Rechten, insbesondere den Nationalsozialisten.<br />

437 Vgl. Ludwig Bergsträßer: Geschichte der politischen Parteien in Deutschland, München 1955, s. 318 ff.,<br />

sowie: Staatslexikon, Recht, Wirtschaft, Gesellschaft, 6. A., Freiburg 1956, S. 718 ff.

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