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Handbuch-zur-Befreiung

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DER SEELENMORD AM DEUTSCHEN VOLK 695<br />

gen 36% aller Probanden ein<strong>zur</strong>eden, sie hätten Bugs Bunny in Disneyland gesehen.<br />

Bugs Bunny ist allerdings keine Disney-Figur und daher nicht im Disneyland anzutreffen.<br />

Zudem fand LOFTUS heraus, daß das menschliche Gedächtnis um so einfacher<br />

manipuliert werden kann, je emotionaler die Umstände sind, unter denen die Befragung<br />

erfolgt oder mit der das angeblich Erlebte verbunden wird (sexueller Mißbrauch,<br />

Entführung durch Außerirdische usw.). Ebenso sollen emotionale Medienberichterstattungen<br />

zu massiver Verformung des Gedächtnisses führen können.<br />

Als konkreter Fall im Bezug auf den Holocaust, wie eine suggestive Gedächtnisumformung<br />

wirkt, sei hier auf die Vernehmung (im Rahmen der Ermittlungen zum<br />

Großen Frankfurter Auschwitz-Prozeß) von Maryla ROSENTHAL [J] verwiesen, die in<br />

Auschwitz eine von Wilhelm BOGERS Sekretärinnen gewesen ist. Im Rahmen der<br />

Ermittlungen fand sich schnell eine Vielzahl von Zeugen, die BOGER beschuldigten,<br />

in Auschwitz ungezählte Grausamkeiten begangen zu haben – bestialische Folter,<br />

viehische Morde, Beteiligung an willkürlichen Hinrichtungen und „Massenvergasungen“.<br />

Bei der ersten Vernehmung von Frau ROSENTHAL fällt zunächst auf, daß sie<br />

weder die Verbrechensvorwürfe gegen ihren früheren Chef bestätigen, noch zu den<br />

von anderen Zeugen behaupteten allgemeinen Greueln in Auschwitz bestätigende<br />

Aussagen machen konnte. Zudem sind Ausführungen, die über das gute Verhältnis zu<br />

ihrem damaligen Chef und <strong>zur</strong> allgemeinen Arbeitsatmosphäre berichten, auffällig:<br />

„Boger war zu mir nett und ich kann mich über ihn was meine Person betrifft<br />

nicht beschweren. Er ging sogar soweit, daß er mir ziemlich regelmäßig Teile seines<br />

ihm zugeteilten Essens im Kochgeschirr zukommen ließ, unter dem Vorwand,<br />

ich solle es reinigen. Außerdem besorgte er für mich Garderobe vom Lager Birkenau.<br />

... Er war auch zu den anderen jüdischen weiblichen Häftlingen, welche in<br />

der politischen Abteilung beschäftigt wurden, sehr nett und wir Jüdinnen hatten<br />

ihn sehr gut leiden können. Ich erinnere mich auch noch, daß Boger keinen ausgesprochenen<br />

Hass gegen Juden hatte. ... Zusammenfassend kann ich also beim besten<br />

Willen nichts Schlechtes über Boger hinsichtlich meiner Person und der anderen<br />

weiblichen Häftlinge in der politischen Abteilung sagen.” 1195<br />

Weiter berichtet Frau ROSENTHAL über die Gerüchteküche auf der Toilette der politischen<br />

Abteilung:<br />

„Unter uns Häftlingen wurde gesprochen, daß wenn Boger ins Männerlager kam,<br />

es dort regelmäßig zu Massakern komme. Genaues habe ich hierüber nie erfahren.<br />

Auch mir gegenüber hat sich Boger hierüber nicht ausgelassen. Irgendwelche<br />

Gemütserregungen stellte ich bei Boger nie fest. Ich kann daher auch beim besten<br />

Willen nichts sagen, wann und wo Boger Häftlinge erschossen hat. Außer seiner<br />

– etwa sexuellem Mißbrauch in früher Kindheit – Skepsis angebracht.“, S. 62); vgl. G. Rudolf: Falsche<br />

Erinnerungen überall – nur nicht in der Zeitgeschichte, VffG 2(3) (1998), S. 214-217; Ronald Reeves:<br />

Falsche Erinnerungen im Disneyland, VffG 5(2) (2001), S. 223f.; Andrea Schneider: Erinnerungen an<br />

einen Krieg, der niemals stattfand, VffG 5(3) (2001), S. 338; sowie „Neue Studie über Unzuverlässigkeit<br />

des Gedächtnisses” VffG 7(1) (2003), S. 120<br />

1195 Vernehmungsprotokoll der Maryla Rosenthal vom 21. und 22.02.1959, Staatsanwaltschaft beim LG<br />

Frankfurt/M., a.a.O.; Bd. 4, S. 507-515: vgl. G. Rudolf: Aus den Akten des Frankfurter Auschwitz-<br />

Prozesses, Teil 5, VffG 7(3) (2003), S. 465-470

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