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Handbuch-zur-Befreiung

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DIE REALISIERUNG DER ALLIIERTEN KRIEGSZIELE 223<br />

Geschäftsfreunde zum Essen eingeladen, und dann lag immer ein unterdrückter<br />

Spott in der Luft. Der Deutsche war eben ein Wandale, und wer konnte schon wissen,<br />

wie er sich benehmen würde? Würde er mit den Füßen essen? Das hätte niemanden<br />

überrascht. Daran änderte auch die Tatsache nichts, daß keiner dieser<br />

Deutschen – die alle streng nach den Gesellschaftsformen jener Zeit erzogen waren<br />

– etwas Schreckliches tat. Die Propaganda, die sich damals offen auf die englische<br />

und französische Furcht vor der deutschen Konkurrenz gründete, war hartnäckig,<br />

und jeder glaubte ihr, trotz augenscheinlicher Gegenbeweise. Die Deutschen<br />

konnten natürlich ziemlich steif und langweilig sein, aber das galt auch für<br />

die Einheimischen. Die geringste deutsche Steifheit wurde jedoch als Beweis gewertet,<br />

daß die ganzen Beschuldigungen gerechtfertigt waren. Mir fiel besonders<br />

auf – und Sie müssen bedenken, daß das vor dem Ersten Weltkrieg war –, daß den<br />

Deutschen nie bewußt wurde, daß man sie auslachte und verachtete. Es war unverständlich,<br />

wie begriffsstutzig sie waren. Ihre Existenz als Volk hing davon ab,<br />

was andere Leute von ihnen hielten – das war ja ein Anzeichen dafür, wie weit sie<br />

sich ihnen widersetzen würden –, aber sie schienen nie zu begreifen, wie wichtig<br />

es war, das herauszufinden. Es war so untüchtig von ihnen, trotz all ihrem Gerede<br />

über ihre Tüchtigkeit.<br />

Dann kam der Erste Weltkrieg, und sie waren die offiziellen Schurken, und die<br />

Propaganda begann, sich ein wenig auf Tatsachen zu stützen. Ich sage ein wenig<br />

– gar so viele Unterschiede gab es nicht zwischen ihnen und den Alliierten. Aber<br />

selbst nach diesem Krieg begriffen sie noch immer nicht, daß man sie gesellschaftlich<br />

nicht leiden konnte. Sie haben einfach kein Verständnis für das Kichern über<br />

einen Jungen, der die falschen Hosen trägt, für das Lachen hinter vorgehaltener<br />

Hand, das englischen und amerikanischen Knaben aus guter Familie seit jeher in<br />

den Internaten beigebracht wurde und zu ihrer gesellschaftlichen Art gegenüber<br />

den Deutschen wird, wenn sie aufwachsen. Die Juden haben immer gewußt, was<br />

hinter ihrem Rücken geschah, und die Neger sind wegen ihrer intuitiven Empfindsamkeit<br />

berühmt. Aber die Deutschen scheinen das nie zu kapieren. Das ist auch<br />

durchaus keine barbarische Unempfindlichkeit, sondern eine Art argloser Unfähigkeit,<br />

eine Abfuhr aus so oberflächlichen Gründen zu verstehen. Sie können die<br />

beiläufige, versteckte Verderbtheit der anglo-amerikanischen Lebensweise nicht<br />

begreifen (deutsche Sünden sind immer schwerwiegend und offenkundig), die in<br />

Wirklichkeit viel barbarischer als die deutsche Lebensweise ist – wer, mit Ausnahme<br />

von Barbaren, könnte so leicht von Propaganda beeinflußt werden?<br />

Weil sie also nicht verstehen, woran sie sind, konnten sie sich auch nie wirksam<br />

verteidigen. Selbst in den beiden Kriegen haben sie nicht gegen ihren wirklichen<br />

Feind gekämpft – gegen die alte Propaganda, von der die gesamte Bevölkerung<br />

dreier mächtiger Länder gegen sie aufgebracht wurde –, sondern gegen eine Abstraktion’.<br />

...<br />

‚Amerika und Großbritannien und Frankreich konnten sich nicht mit dem Gedanken<br />

abfinden, daß Deutschland wieder so stark geworden sein sollte, und das ist<br />

keine unvernünftige Befürchtung. Wenn sie nach zwei furchtbaren Kriegen ehrliche<br />

Angst vor Deutschland haben, kann man selbst ihre Unhöflichkeit verstehen.

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