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Handbuch-zur-Befreiung

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414 KOMM HEIM! – KOMM HEIM INS REICH!<br />

Und dieser antwortet zu seiner Verblüffung:<br />

„Keineswegs. Sie sind sehr niedergeschlagen.“<br />

„Niedergeschlagen? Aber warum denn?“<br />

„Ach, das ist eine ganze Geschichte.“<br />

„Sie müssen zugeben, daß das entmutigend ist! Ich hätte gedacht, daß die Aufstellung<br />

der Kolonnen für die Erntearbeit mit Jubel aufgenommen worden wäre. Sehen<br />

sie denn nicht, daß sie etwas zu tun bekommen, daß sie ihrem Lande einen<br />

Dienst leisten, und daß sie frei sind?“<br />

„Hier liegt ja gerade das Mißverständnis. Sie warteten von Tag zu Tag auf eine<br />

richtige Entlassung, und jetzt verlangt man von ihnen, die Ernte woanders als bei<br />

ihnen selbst einzubringen, bei Leuten, die sie nicht kennen, und in Arbeitskommandos,<br />

die immer noch einen halb militärischen Charakter tragen.“<br />

„Was für Verschrobenheiten! Sie werden es unendlich viel besser haben als hier.<br />

Sie werden bei den Einwohnern verpflegt und untergebracht. Sie können im ganzen<br />

Gebiet ihrer Gemeinde sich frei bewegen und müssen nur zweimal in der Woche<br />

zum Appell kommen. Was wollen Sie denn mehr? Ist das nicht Freiheit?“<br />

„In Ihren Augen, vielleicht. Aber sicher nicht in den ihrigen.“<br />

„Verzeihen Sie mir, wenn ich es Ihnen sage“, antwortet der Leutnant in einem<br />

lebhaften Ton. „Aber ich finde das geradezu lächerlich. Das ist ganz einfach eine<br />

Narrheit, die Freiheit mit einem großen F, die Ihr immerfort im Munde führt. Wissen<br />

Sie überhaupt, was das ist? Das ist ein Wahngebilde, eine Illusion. Sie würden<br />

nicht einmal imstande sein, mir davon eine gute Definition zu geben.“<br />

„Aber sicher. Die Freiheit ist das Recht, selbst zu wählen.“<br />

„Was zu wählen?“<br />

„Alles – selbst sein Unglück. Wenn Sie alle falschen Draperien wegnehmen, die<br />

den Begriff umgeben, wenn Sie ihn auf seinen Kern <strong>zur</strong>ückführen, so glaube ich,<br />

daß er das bedeutet.“<br />

„Aber das, was Sie mir da sagen, ist ja die Definition der Anarchie!“<br />

„Warum nicht? Alle Tugenden werden zu Fehlern, wenn man sie bis zu ihren äußersten<br />

Möglichkeiten treibt.“<br />

„Wie wollen Sie mit einem solchen Grundsatz irgend etwas lenken und organisieren?“<br />

„Ich gebe zu, daß das nicht bequem ist.“<br />

„Jede Gemeinschaftsarbeit wird unmöglich, wenn jeder sich seine Arbeit, die Art,<br />

wie er sie machen will, den Führer, der sie befehligen soll, und schließlich noch<br />

die Stunde wählen will, wo er Lust hat, daranzugehen.“<br />

„Ich weiß wohl, daß Sie recht haben. Unglücklicherweise ist diese Idee bei den<br />

Franzosen aber tief verwurzelt. Natürlich nicht in der äußersten Form, die ich<br />

eben definiert habe, aber unter sehr verwandten Formen. Das macht alles bei uns<br />

so verwickelt.“<br />

„Sie werden nie etwas erreichen, wenn Sie mit dieser Auffassung nicht brechen.“<br />

„Merkwürdigerweise erreicht man doch etwas.“<br />

„Wie denn?“<br />

„Indem man andere Kräfte aufruft, die noch tiefer verwurzelt sind.“

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