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Handbuch-zur-Befreiung

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DIE REALISIERUNG DER ALLIIERTEN KRIEGSZIELE 275<br />

niederer Ebene Lehrenden durch die Gleichmacherei der Bildungsstufen, der Titel<br />

und Gehälter erkauft. Aus dem bewährten Lehrerseminar mit seiner engen Verbindung<br />

<strong>zur</strong> Praxis wurde über die pädagogische Akademie die Pädagogische<br />

Hochschule, aus dem Technikum über die Ingenieurschule die Fachhochschule,<br />

deren Lehrkräfte, früher biedere Praktiker, nun Professoren mit wissenschaftlichen<br />

Ansprüchen wurden, ohne daß vielfach die Möglichkeit oder die Notwendigkeit<br />

zu wissenschaftlicher Lehre oder Forschung gegeben war.<br />

Aus Schülern dieser Bildungseinrichtungen wurden Studenten, obwohl das Studium<br />

reichlich verschult blieb. ...<br />

Obwohl – oder weil – die Zahl der nun sich so nennenden Wissenschaftler und<br />

Forscher um ein Vielfaches stieg, sanken das Niveau und das Ansehen der deutschen<br />

Forschung im Ausland gegenüber früheren Zeiten erheblich, und nicht selten<br />

waren in den letzten Jahren die Stimmen Ernstzunehmender, die auf das<br />

Übergewicht des Mittelmaßes auf Professorenstellen hinwiesen: eine Entwicklung,<br />

die nach dem Zweiten Weltkrieg begann, als Linientreue und entsprechende Vergangenheitsbewältigung<br />

durchaus Fachkenntnisse und wissenschaftliche Fähigkeiten<br />

ersetzen konnten.<br />

Jahrzehntelang war unter dem Druck der Gleichheitslehre der Frankfurter Schule<br />

allein schon der Begriff der ‚Elite’ verpönt, so daß niemand, der Wert auf öffentliche<br />

Anerkennung legte, sich seiner zu bedienen wagen durfte. Natürliche Unterschiede<br />

oder Rangordnungen mit Eliten wurden geleugnet oder verteufelt. Die<br />

sich in der Wirklichkeit zusammen mit Eliten bildenden hierarchisch gegliederten<br />

Ordnungen wurden im vorherrschenden Demokratisierungsbestreben möglichst<br />

abgebaut. ...<br />

Eine weitere Folge der Demokratisierung war die Aufhebung persönlicher Verantwortung<br />

für die Auswirkungen von Entscheidungen. Gleichzeitig sank die Verantwortungsfreude<br />

und Verantwortungsbereitschaft. Entscheidungen wurden nun<br />

anonymen, in kurzen Zeiten in ihrer Zusammensetzung wechselnden Gremien ü-<br />

berlassen, die oft weniger von Sachverstand als von politischen Erwägungen, von<br />

Wahlüberlegungen oder Gruppeninteressen bestimmt wurden. ...“ 515<br />

In der „Germania“ des TACITUS heißt es:<br />

„Gleichwohl halten die Germanen auf strenge Ehezucht, und in keinem Punkte<br />

verdienen ihre Sitten größeres Lob. Denn sie sind fast die einzigen unter den Barbaren,<br />

die sich mit einer Gattin begnügen; ... So leben die Frauen in wohlbehüteter<br />

Sittsamkeit, nicht durch lüsterne Schauspiele, nicht durch aufreizende Gelage<br />

verführt. Heimliche Briefe sind den Männern ebenso unbekannt wie den Frauen.<br />

Überaus selten ist trotz der so zahlreichen Bevölkerung ein Ehebruch. Die Strafe<br />

folgt auf der Stelle und ist dem Manne überlassen: er schneidet der Ehebrecherin<br />

das Haar ab, jagt sie nackt vor den Augen der Verwandten aus dem Hause und<br />

treibt sie mit Rutenstreichen durch das ganze Dorf. Denn für Preisgabe der<br />

Keuschheit gibt es keine Nachsicht: nicht Schönheit, nicht Jugend, nicht Reichtum<br />

verschaffen einer solchen Frau wieder einen Mann. Dort lacht nämlich niemand<br />

515 R. Kosiek, a.a.O. S. 165 ff.

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