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Innere Sicherheit Schweiz - Stromversorgungsrecht

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22 Gewährleistung der inneren <strong>Sicherheit</strong> im jungen Bundesstaat (1848 bis 1874)<br />

2.1.1. Der Zweckartikel der Bundesverfassung<br />

Der Zweckartikel (Art. 2 BV 1848 110 ) stellte die Wahrung der inneren <strong>Sicherheit</strong> neben<br />

die Behauptung der Unabhängigkeit, den Schutz der Rechte und Freiheiten der Bürgerinnen<br />

und Bürger sowie die gemeinsame Wohlfahrt.<br />

Damit fand eine Anknüpfung an Art. 1 der Mediationsakte 1803 sowie § 1 des Bundesvertrages<br />

1815 statt 111 . Bei der Verfassungsrevision von 1874 erfuhr der Artikel keine Änderung<br />

112 .<br />

Obwohl der Wortlaut von Art. 2 BV einen entsprechenden Eindruck erwecken könnte,<br />

war und ist in Lehre 113 und Rechtsprechung 114 kaum bestritten, dass er zur Begründung<br />

von Bundeskompetenzen nicht herangezogen werden kann.<br />

Bald bezogen namhafte Vertreter der Lehre pointiert Stellung gegen einen Missbrauch<br />

des vor allem symbolischen Zweckartikels als Kompetenznorm durch den Bund.<br />

Schon JAKOB DUBS stellte klar, dass der Zweckartikel viel zu unbestimmt war, um für<br />

sich alleine als tragfähige Kompetenznorm dienen zu können.<br />

„Man treibt mit dieser Zweckbestimmung des Bundes mitunter etwas Contrebande. Man sagt: die und<br />

die Sache dient der Beförderung der gemeinsamen Wohlfahrt, also – ist sie Bundessache! Der Trugschluss<br />

ist leicht erkennbar. Da der Staat sich überhaupt nur mit Dingen befasst, die zur gemeinsamen Wohlfahrt<br />

dienen, so fiele mit jener Argumentation alles, was Staatssache ist, a priori in die Kompetenz des<br />

Bundes und man könnte also den grössten Theil der Bundesverfassung als überflüssig wegstreichen. (…)<br />

Die Benutzung des Art. 2 als Kompetenzregulator ist eine ziemlich plumpe Sophistik.“ 115<br />

WALTHER BURCKHARDT mass dem Zweckartikel aus systematischer und historischer<br />

Auslegung nicht die Bedeutung praktischen Verfassungsrechts zu, sondern bloss die „historisch<br />

interessante Mitteilung des praktischen Gedankens, der die Gründer des neuen Bundes bei ihrem<br />

Werke geleitet hat.“ 116<br />

Der BUNDESRAT hatte sich im Zusammenhang mit der Behandlung eines Rekurses<br />

gegen das Verbot gemischter Ehen in ähnlichem, einschränkendem Sinne zur Auslegung<br />

von Art. 2 BV vernehmen lassen. Es sei auch unter systematischen Gesichtspunkten<br />

offensichtlich, dass sich die Kompetenzen des Bundes nur aus speziellen Verfassungsnormen<br />

ergeben könnten.<br />

110 Art. 2 BV 1848: „Der Bund hat zum Zweck: Behauptung der Unabhängigkeit des Vaterlandes gegen Aussen, Handhabung<br />

von Ruhe und Ordnung in Innern, Schutz der Freiheit und der Rechte der Eidgenossen und Beförderung ihrer gemeinsamen<br />

Wohlfahrt.“<br />

111 BURCKHARDT, Kommentar BV, S. 9; JEAN-FRANÇOIS AUBERT, in: Kommentar BV 1874, Art. 2 (1986),<br />

Rz. 1.<br />

112 Art. 2 der Bundesverfassung der <strong>Schweiz</strong>erischen Eidgenossenschaft (vom 29. Mai 1874), AS 1, S. 1 – 37,<br />

ausserdem abgedruckt bei ALFRED KÖLZ, Quellenbuch zur neueren schweizerischen Verfassungsgeschichte.<br />

Von 1848 bis in die Gegenwart, Bern 1996, S. 151 – 186 sowie http://www.verfassungen.de/ch/verf74-<br />

i.htm (zuletzt besucht am 1. Mai 2009), nachfolgend „BV 1874“.<br />

113 Zur BV 1874 vgl. AUBERT, in: Kommentar BV 1874, Art. 2 (1986), Rz. 21 – 27.<br />

114 Aus jüngerer Zeit BGE 117 Ia 202 (E.4b S. 212).<br />

115 DUBS, Öffentliches Recht Bd. II, S. 188; gleicher Ansicht ZACCARIA GIACOMETTI, Verfassungsrecht und<br />

Verfassungspraxis in der schweizerischen Eidgenossenschaft (Das autoritäre Bundesstaatsrecht), in: Rechtsund<br />

staatswissenschaftliche Fakultät der Universität Zürich (Hrsg.), Festgabe Fritz Fleiner zum siebzigsten<br />

Geburtstag, Zürich 1937, S. 45 – 84 (S. 60f.).<br />

116 BURCKHARDT, Kommentar BV, S. 11; so auch die h.L.; vgl. etwa FLEINER/GIACOMETTI, Bundesstaatsrecht,<br />

S. 74 oder AUBERT, in: Kommentar BV 1874, Art. 2 (1986), Rz. 21 – 27 (m.w.H.).

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