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Innere Sicherheit Schweiz - Stromversorgungsrecht

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240 Von der Verfassungsrevision bis zum Ersten Weltkrieg (1874 – 1920)<br />

Armee im Innern enthalten 1713 . In Kraft trat lediglich der sog. „Platzkommando-Befehl“ des<br />

Generalstabschefs der Armee 1714 .<br />

Hingegen erliess der neue Vorsteher EMD, Bundesrat Karl Scheurer, Ende April eine<br />

geheime, undatierte „allgemeine Weisung für die Ordnungstruppen“, für die Einheitskommandanten<br />

des Heeres 1715 . Die Weisung bestand aus einem ersten Teil (weiss), welcher den<br />

Ordnungsdienst der Armee behandelte. Neben Verhaltensvorschriften, eigentlichen<br />

taktischen Elementen sowie der ansatzweisen Behandlung von Verhältnismässigkeitsfragen<br />

(Warnrufe, Verhandlungen mit Demonstrierenden, Einsatz von Maschinengewehren,<br />

Verbot des Einsatzes von Handgranaten) sahen die Weisungen generell ein hartes<br />

Durchgreifen vor 1716 . Der zweite Teil (rot) setzte sich mit bewaffnetem Widerstand<br />

gegen die Truppe in der Form von Strassen- und Häuserkampf während eines Aufruhrs<br />

auseinander. Neben (wiederum) taktischen Regeln enthielt dieser Teil eine Anleitung zur<br />

Führung eines bewaffneten Kampfes in Städten 1717 :<br />

„Gegen Steine werfende Aufrührer wird Infanterie ohne weiteres schiessen, Kavallerie in scharfer Gangart<br />

attackieren.<br />

Gegen schiessende Anführer sollen Infanterie und Kavallerie (…) von Maschinengewehren und Geschützen<br />

Gebrauch machen (…).<br />

Hetzer und Anführer der Aufständischen (…) sollen durch gute Schützen von den oberen Stockwerken<br />

naheliegender Häuser aus einzeln abgeschossen werden. (…)<br />

Gegen Revolutionäre, die aus Häusern (…) feuern, sind Maschinengewehre und Handgranaten zu verwenden,<br />

Handgranaten jedoch nur dann, wenn gewandte, treffsichere Grenadiere zur Verfügung stehen.<br />

Niemals aber dürfen Handgranaten in ein Fenster geworfen werden, wenn nicht absolut feststeht, dass daraus<br />

gefeuert worden ist.<br />

Gegen stark besetzte Häuser von fester Bauart muss Artillerie eingesetzt werden (…).<br />

Die dauernde Niederhaltung des Widerstandes in unruhigen Strassen erreicht man am besten durch hinund<br />

herausfahrende Automobile mit Maschinengewehren.“<br />

Das Geheimnis um den „Scheurer-Erlass“ blieb nicht lange gewahrt und führte nach<br />

einer Interpellation von Robert Grimm im Nationalrat zu einer parlamentarischen Debatte<br />

1718 .<br />

Die Weisungen des EMD-Vorstehers versuchten, jene Lücke zu schliessen, welche im<br />

Fehlen einer eigentlichen Einsatzdoktrin für den Ordnungsdienst bestand. Die Weisung<br />

selber war zwar alles andere als vollständig und konnte in ihrer Form auch kaum zur<br />

direkten Anwendung gelangen; sie bildete aber einen Leitfaden für die militärischen<br />

Kommandanten. Für den Erlass bestand jedoch keine genügende Rechtsgrundlage.<br />

Ohne Datum, ohne Veröffentlichung und ohne demokratische Legitimation lag der<br />

Wert der Weisungen wohl primär in ihrer politischen Aussage, im Falle von Aufruhr<br />

sofort und mit allen Mitteln Ruhe und Ordnung wiederherzustellen. Zwar finden sich in<br />

1713 Vgl. die Darstellung bei ZELLER, Ruhe und Ordnung, S. 89 – 94.<br />

1714 Vgl. die Darstellung bei ZELLER, Ruhe und Ordnung, S. 89 – 94 und 147.<br />

1715 ZELLER, Ruhe und Ordnung, S. 95.<br />

1716 Der erste Teil (weiss) der Weisung ist abgedruckt als Anhang IV bei ZELLER, Ruhe und Ordnung, S. 233 –<br />

236.<br />

1717 Der zweite Teil (rot) der Weisung ist abgedruckt als Anhang IV bei ZELLER, Ruhe und Ordnung, S. 236f.<br />

1718 Dazu sowie zu den Hintergründen des Erlasses siehe ZELLER, Ruhe und Ordnung, S. 94 – 101.

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