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Innere Sicherheit Schweiz - Stromversorgungsrecht

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422 Die Gegenwart (1990 – 2009)<br />

Zu den Einsatzformen der Armee nach neuem Militärgesetz siehe sogleich, S. 460ff. und<br />

zu den tatsächlichen Einsätzen im Innern S. 465ff.<br />

Derzeit geniesst die Auslegung des Verteidigungsbegriffs im Zusammenhang mit Raumsicherungsoperationen<br />

2810 durch die Armee eine gewisse Aufmerksamkeit 2811 . Die Bundesverfassung<br />

nimmt keine entsprechende Definition vor und verwendet den Begriff ziemlich<br />

offen 2812 . Daraus wird teilweise gefolgert, der Verteidigungsbegriff sei „umfassend“<br />

auszulegen 2813 . Sehr weit geht dabei das VBS in einem „Factsheet“ zur Verteidigung 2814 :<br />

„«Verteidigen» im Sinne von Artikel 58 Absatz 2 BV bedeutet alle Arten der Gewaltanwendung zur<br />

Abwehr einer Bedrohung des Landes und seiner Bevölkerung. Nach dem Verständnis des Verfassungsgebers<br />

ist die «Raumsicherung» als Teil der «Landesverteidigung» eingeschlossen; operative Raumsicherung<br />

zählt somit nicht zu den subsidiären Einsatzarten. Es besteht kein Handlungsbedarf, Verteidigungsund<br />

Raumsicherungsoperationen in der BV oder im MG zu präzisieren.“ 2815<br />

Einer solch extensiven Auslegung des Verteidigungsbegriffs erwachsen jedoch starke<br />

rechtsstaatliche Bedenken. Bei der „Verteidigung nach innen“, wie sie das VBS postuliert,<br />

kann es sich aus systematischer Betrachtung bloss um solche Situationen handeln,<br />

welche einerseits die in Art. 52 festgelegten Voraussetzungen zur Bundesintervention<br />

erfüllen. Andererseits müsste eine konkrete Situation einen Einsatz der Armee als mechanisierte<br />

Landstreitkraft 2816 , welche nur noch an das Kriegsvölkerrecht gebunden wäre, rechtfertigen.<br />

Zwischen einer solchen Lage und einem „Hilfseinsatz“ zu Gunsten der zivilen<br />

<strong>Sicherheit</strong>skräfte liegt ein bedeutender Unterschied. Eine konkrete Gefährdungslage<br />

müsste einen Notstand 2817 verursachen, welcher die Verfassungsordnung in weiten Teilen<br />

ausser Kraft zu setzen vermochte 2818 . Dass es sich aber beim Verteidigungsbegriff<br />

2810 Siehe dazu hinten, S. 478f. und S. 482f.<br />

2811 Siehe dazu MOHLER/GÄTTELIN/MÜLLER, Unsicherheit über <strong>Sicherheit</strong>, AJP 2007, S. 827.<br />

2812 ANDREAS LIENHARD/PHILIPP HÄSLER, Verfassungsmässigkeit des Entwicklungsschrittes 2008/11 der<br />

<strong>Schweiz</strong>er Armee; Gutachten erstattet dem VBS am 26. Februar 2007, S. 15; online unter<br />

http://www.vtg.admin.ch/internet/vtg/de/home/themen/streitkr/weiterentwicklung.parsys.0015.download<br />

List.00151.DownloadFile.tmp/es0811gutachtenlienhardhaesler.pdf (zuletzt besucht am 1. Mai 2009).<br />

2813 So MEYER, in: St. Galler Kommentar, Art. 58, Rz. 15.<br />

2814 Die Bedeutung eines „Factsheet“ ist nicht ganz klar; jedenfalls handelt es sich bei der Auslegung des verfassungsrechtlichen<br />

Verteidigungsbegriffs um eine Rechtsfrage, nicht um ein Faktum, welches von der Wissenschaft<br />

blind und tel quel zu übernehmen wäre.<br />

2815 Factsheet des Generalsekretariats des VBS „Was heisst Verteidigung?” (vom 22. Februar 2007);<br />

http://www.vbs.admin.ch/internet/vbs/de/home/documentation/publication/factsheet/factsheet_v.parsys.<br />

0004.downloadList.00041.DownloadFile.tmp/factsheetverteidigung.pdf (zuletzt besucht am 1. Mai 2009). Allerdings<br />

ist die im „Factsheet“ angetönte Unterscheidung zwischen präventiver und operativer Raumsicherung<br />

wieder aufgegeben worden.<br />

2816 SCHWEIZER/SUTTER/WIDMER, Grundbegriffe, Rz. 49 meinen unter dem Titel „Verteidigung“ zumindest,<br />

Angriffsoperationen wären nur unter strenger Auslegung der Neutralität zulässig, um besetztes Territorium<br />

zurückzuerobern oder gegnerischen Angriffsoperationen zuvor zu kommen.<br />

2817 In einem solchen Sinne auch MOHLER, Wird die Armee zu einer Gendarmerie?, <strong>Sicherheit</strong> & Recht 2007,<br />

S. 84ff. In ihrem Gutachten schliessen LIENHARD/HÄSLER, Verfassungsmässigkeit des ES 08/11, S. 39 nicht<br />

aus, dass sich der Verteidigungsbegriff „dynamisch weiterentwickelt“; nach hier vertretener Meinung sind einer<br />

solchen Entwicklungn innerhalb des Bundesverfassungsrechts enge Schranken gesetzt.<br />

2818 So sinngemäss auch MEYER, Grundaufgaben, Rz. 96, wenn er festhält, die Aufgabenumschreibung der<br />

Verteidigung solle verhindern, dass „schweizerisches Staatsgebiet ohne Rücksicht auf Verluste in der Zivilbevölkerung<br />

konzipiert oder ausgeführt werden können“. Allerdings folgt auch Meyer offenbar einem sehr weiten Verteidigungsbegriff.

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