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Innere Sicherheit Schweiz - Stromversorgungsrecht

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180 Von der Verfassungsrevision bis zum Ersten Weltkrieg (1874 – 1920)<br />

Die Angeklagten richteten daraufhin einen staatsrechtlichen Rekurs an das Bundesgericht.<br />

Sie stellten ihre Tat als Putsch dar, welcher nach Art. 52 BStR durch Bundesbehörden<br />

zu beurteilen sei. Das Bundesgericht stellte eine Kausalkette zwischen den politischen<br />

„Vergehen“, den damit verbundenen Unruhen sowie dem folgenden „Einschreiten der<br />

bewaffneten Macht der Eidgenossenschaft“ fest 1272 . Einer separaten Klärung bedürfe jedoch die<br />

Frage, ob überhaupt eine bewaffnete eidgenössische Intervention im Sinne der Art. 16<br />

und Art. 112 Ziff. 3 BV (1874) sowie der Art. 52 und 73 BStR vorläge 1273 .<br />

Das Gericht führte aus, dass der Chef EMD nicht die Befugnis habe, alleine eine eidgenössische<br />

Intervention anzuordnen; ein derart starkes Eingreifen in die inneren Angelegenheiten<br />

eines Kantons könne nur vom Gesamtbundesrat als der obersten vollziehenden<br />

Behörde der Eidgenossenschaft (Art. 95 BV) oder durch die Bundesversammlung<br />

(Art. 102 Ziff. 10 und Art. 85 Ziff. 7 BV) beschlossen werden 1274 . Darum handle es sich<br />

beim Einschreiten ihm Rahmen des Käfigturmkrawalls nicht um eine eidgenössische<br />

Intervention im Sinne der Bundesverfassung 1275 . Das Bundesgericht wies ausserdem<br />

darauf hin, der Bundesrat betrachte das bewaffnete Einschreiten der Truppen als eine<br />

„provisorische Hilfeleistung, welche das eidgenössische Militärdepartement im Drange der Umstände der<br />

städtischen Polizei zukommen liess, bis die Regierung von Bern die nötigen Massnahmen selbst getroffen<br />

habe.“ 1276 Der Rekurs wurde als unbegründet abgewiesen 1277 .<br />

3.5.1.3. Beurteilung: Eine bewaffnete Bundesintervention!<br />

Das Bundesgericht benannte in seiner Schilderung des Sachverhalts 1278 eine ganze Kaskade<br />

von Vorgehensfehlern der am Käfigturmkrawall beteiligten städtischen, kantonalen<br />

und eidgenössischen Exekutivbehörden. Zuerst zeigte sich die Stadtberner Polizei von<br />

Anfang an überfordert, den Vorfall zu klären. Der Beizug der Feuerwehr zur Unterstützung<br />

der Polizei sowie die Pläne zur Einberufung einer lokalen Bürgerwehr belegen dies<br />

eindrücklich. Der aus der Not geborene, direkte (telefonische) Hilferuf der Stadtregierung<br />

an Bundesrat Emil Frey (Vorsteher EMD) – ohne der Kantonsregierung überhaupt<br />

Mitteilung zu machen – bildete eine grobe Unzulänglichkeit.<br />

Der Entscheid von Bundesrat Frey mag sachlich richtig gewesen sein (jedenfalls spricht<br />

die schnelle Bereinigung der Lage durch die Truppen dafür), trotzdem muss die Zulässigkeit<br />

auch seines Vorgehens hinterfragt werden. Der Vorsteher EMD hatte nicht einmal<br />

den sofortigen Versuch zur Einberufung des Gesamtbundesrates unternommen.<br />

Die Bundesverfassung räumte sowohl dem Parlament als auch der Regierung zu Kompetenz<br />

zur Anordnung eidgenössischer Interventionen ein. Die ratio legis dieser Dop-<br />

1272 BGE 20, 19 (S. 24 – Wassilieff und Genossen).<br />

1273 BGE 20, 19 (S. 24 – Wassilieff und Genossen).<br />

1274 BGE 20, 19 (S. 25 – Wassilieff und Genossen).<br />

1275 Anderer Ansicht BURCKHARDT, Kommentar BV, S. 769, welcher dem BGer zwar im Resultat folgt, eine<br />

Bundesintervention aber nicht darum verneinen will, weil eine nicht kompetente Behörde den Befehl zum<br />

Einschreiten erteilt hätte.<br />

1276 BGE 20, 19 (S. 25) – Wassilieff und Genossen. BURCKHARDT, Kommentar BV, S. 769 sieht darin das entscheidende<br />

Argument.<br />

1277 BGE 20, 19 (S. 25 – Wassilieff und Genossen).<br />

1278 BGE 20, 19 (S. 19 – 23 – Wassilieff und Genossen).

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