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Innere Sicherheit Schweiz - Stromversorgungsrecht

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Die neue Bundesverfassung 429<br />

Das Bundesgericht stellte zudem in einem jüngeren Entscheid fest „(d)er Anwendungsbereich<br />

der polizeilichen Generalklausel ist auf echte und unvorhersehbare Notfälle beschränkt; ihre Anrufung<br />

ist grundsätzlich ausgeschlossen, wenn typische und erkennbare Gefährdungslagen trotz Kenntnis<br />

der Problematik nicht normiert wurden (…)“ 2853 .<br />

In neuester Zeit stellt sich etwa im Zusammenhang mit dem jährlichen World Economic<br />

Forum in Davos oder der UEFA EURO 2008 TM die Frage, ob ein Flugzeugabschuss gestützt<br />

auf die polizeiliche Generalklausel erfolgen könnte 2854 . Jedenfalls reicht die Verordnung<br />

über die Wahrung der Lufthoheit 2855 dafür normhierarchisch nicht aus 2856 .<br />

2.3.2.4. Zum Aufgebot von Truppen<br />

Art. 184 Abs. 4 behandelt die bundesrätliche Kompetenz zum Aufgebot von Truppen in<br />

Notfällen („in dringenden Fällen“) 2857 und behält damit das aus Art. 90 Ziff. 11 BV 1848<br />

stammende Kriterium der Dringlichkeit bei 2858 . Der Hinweis auf den Aktivdienst dient<br />

zur Abgrenzung von den Ausbildungsdiensten; ob die Truppen dabei zum Schutze der<br />

äusseren oder inneren <strong>Sicherheit</strong> aufgeboten werden, spielt daher keine Rolle.<br />

Dauert der Dienst aber länger als drei Wochen (die Dauer eines Wiederholungskurses<br />

für die Soldaten) oder bietet der Bundesrat mehr als 4'000 Wehrdienstpflichtige auf, so<br />

hat die Bundesversammlung den Entscheid zu genehmigen oder abzulehnen 2859 . Während<br />

die Beschränkung auf eine Einsatzdauer von drei Wochen bereits in Art. 90 Ziff. 11<br />

BV 1848 zu finden war, hat die Verfassungsrevision von 1999 den zahlenmässigen<br />

Rahmen exakt verdoppelt 2860 .<br />

Das aktuelle Militärgesetz schränkt die bundesrätliche Aufgebotskompetenz für Assis-<br />

2853 BGE 126 I 112 (E.4b S. 118; m.H. auf zwei weitere veröffentlichte Fälle). Zur Vorhersehbarkeit siehe insbesondere<br />

auch JÖRG PAUL MÜLLER, in: Kommentar BV, Einleitung zu den Grundrechten (1987), Rz. 122 o-<br />

der TSCHANNEN, Staatsrecht, § 46, Rz. 26.<br />

2854 Siehe dazu die NZZ vom 29. Oktober 2007, S. 9 („Ohne Kooperation ist der Luftraum nicht zu sichern“)<br />

sowie vom 22. Januar 2007, S. 9 („Der Abschuss ziviler Flugzeuge ist unzulässig“).<br />

2855 Besonders Art. 14 der Verordnung über die Wahrung der Lufthoheit (vom 23. März 2005), SR 748.111.1.<br />

2856 Die gezielte Tötung von Menschen verletzt den Kerngehalt des Rechts auf Leben nach Art. 10 Abs. 1 BV;<br />

dies gilt erst recht, wenn bspw. der Tod entführter Geiseln an Bord von Flugzeugen in Kauf genommen wird.<br />

Zu Art. 10 BV siehe MÜLLER/SCHEFER, Grundrechte, S. 49ff.<br />

2857 Vgl. SAXER, in: St. Galler Kommentar, Art. 185, Rz. 63f.; BIAGGINI, BV-Kommentar, Art. 185, Rz. 13; MA-<br />

HON, in: Petit commentaire, Art. 185, Rz. 9f.; sowie die Botschaft VE 96, S. 419.<br />

2858 Siehe vorne, S. 55ff.<br />

2859 Im Zusammentritt der Bundesversammlung liegt kein Selbstzweck; insoweit geht die inhaltliche Tragweite<br />

von Abs. 4 über den Wortlaut der Norm hinaus.<br />

2860 Die Botschaft VE 96, S. 419 meinte noch, die in der Vernehmlassung angeregte Erhöhung der Zahl der vom<br />

Bundesrat aufbietbaren Armeeangehörigen könne bei der Verfassungsrevision nicht berücksichtigt werden,<br />

weil sie nicht dem Nachführungsauftrag entsprechen würde.<br />

In den parlamentarischen Beratungen postulierte eine Minderheit, nicht über eine Nachführung des Art. 102<br />

BV 1874 und damit auch nicht über die Zahl der 2'000 Soldaten hinaus zu gehen. Demgegenüber betonte die<br />

Mehrheit das praktische Bedüfnis nach einer grösseren Zahl in Notfällen, bspw. zur Bewachung der Landesflughäfen.<br />

Dem Bundesrat solle keine unnötige Beschränkung auferlegt werden. Vgl. AB NR 1998, S. 151ff.<br />

Der damalige Nationalrat SAMUEL SCHMID bestritt einen „qualitativen“ Gehalt der Änderung, weil das zulässige<br />

Aufgebot nur durch eine referendumsfähige Revision der Militärordnung geändert werden könne; AB NR 1998,<br />

S. 152f. Damit verkannte er m.E. sowohl die Bedeutung der Hierarchiestufen des Bundesrechts als auch die Bedeutung<br />

eines Truppenaufgebots durch den Bundesrat. Siehe auch hinten, S. 480f.

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