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Innere Sicherheit Schweiz - Stromversorgungsrecht

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Bewährungsproben von 1874 bis 1914 173<br />

Offenbar der Einfachheit wegen wich das Parlament auf Art. 114 BV 1874 1220 (i.V.m.<br />

Art. 112 1221 ) als verfassungsmässige Grundlage für das Sprengstoffgesetz aus 1222 .<br />

Der Ständerat gab diesem Artikel einen sehr weit reichenden Charakter:<br />

„Im vorliegenden Fall rechtfertigt es sich besonders, diese Kompetenzfrage nicht ängstlicher zu behandeln,<br />

als sie schon 1853 und später zu verschiedenen Perioden behandelt wurde, denn es handelt sich um vorliegenden<br />

Ges.-Entw. um Delikte, die eigentümlicher Art sind, die über das Gebiet der Kantone hinausgreifen,<br />

Delikte, die in den kant. Gesetzbücher gar nicht oder nur in einzelnen derselben geahndet sind, so<br />

dass mit dem vorgeschlagenen BGes. nicht ein Einbruch in das Gebiet der kant. Ges. begangen wird. Es<br />

handelt sich um Delikte, als deren Hauptangriffsobjekt wohl der Bund und sine Einrichtungen bezeichnet<br />

werden müssen, an deren Abwehr er selber also das grösste Interesse hat und sich mit seinem Strafrecht<br />

beteiligen muss.“ 1223<br />

Eine Gegenmeinung war angesichts der gescheiterten Verfassungsrevision von 1872, mit<br />

welcher dem Bund das Gesetzgebungsrecht über das Strafrecht vorerst vorenthalten<br />

worden war, zurückhaltender.<br />

EMIL ZÜRCHER befürwortete zwar die Revision des Bundesstrafrechts im vorgeschlagenen<br />

Sinne, wollte jedoch auf eine Verfassungsrevision nicht verzichten, welche dem Bund<br />

volle Kompetenz zum Erlass eines Strafgesetzbuches eingeräumt hätte:<br />

„Wenn man dem Buchstaben und dem Sinn der Bundesverfassung nicht Gewalt antun will, nicht in unmögliche<br />

Interpretationen hineingeraten, so muss man sich sagen, der Bund ist zur Zeit in der Sache unzuständig.“<br />

1224<br />

Vom Sinn und Geiste der Verfassung her betrachtet verdient Zürchers Haltung m.E.<br />

Zustimmung. Solange dem Bund die Kompetenz zum Erlass eines Strafgesetzbuches<br />

fehlte, der Souverän eine solche – wenn auch im Rahmen einer recht allgemeinen Abstimmung<br />

(über eine neue Verfassung) – sogar abgelehnt hatte, liess sich eine Gesetzgebung<br />

des Bundes mit Hinweis auf die blosse Nützlichkeit der jeweiligen Strafnorm kaum<br />

rechtfertigen. Daran vermochte auch der Umstand nichts zu ändern, dass der Bund<br />

selber das Angriffsziel der zu pönalisierenden Handlungen darstellte.<br />

Art. 114 BV 1874 reichte als alleinige Begründung einer Bundeskompetenz zum Erlass<br />

eines Sprengstoffgesetzes nicht aus 1225 . Der Artikel behandelte primär die Erweiterungen<br />

1220 „Es bleibt der Bundesgesetzgebung überlassen, ausser den in den Artikeln 110, 112 und 113 bezeichneten Gegenständen auch<br />

noch andere Fälle in die Kompetenz des Bundesgerichtes zu legen, insbesondere die Befugnisse festzustellen, welche ihm nach Erlassung<br />

der im Artikel 64 vorgesehenen eidgenössischen Gesetze behufs einheitlicher Anwendung derselben zu übertragen sind.“<br />

1221 „Das Bundesgericht urteilt mit Zuziehung von Geschworenen, welche über die Tatfrage absprechen, in Straffällen:<br />

1. über Hochverrat gegen die Eidgenossenschaft, Aufruhr und Gewalttat gegen die Bundesbehörden;<br />

2. über Verbrechen und Vergehen gegen das Völkerrecht;<br />

3. über politische Verbrechen und Vergehen, die Ursache oder Folge derjenigen Unruhen sind, durch welche eine bewaffnete eidgenössische<br />

Intervention veranlasst wird, und<br />

4. in Fällen, wo von einer Bundesbehörde die von ihr ernannten Beamten ihm zur strafrechtlichen Beurteilung überwiesen werden.“<br />

1222 Eintretensdebatte im Ständerat vom 29. März 1894, AB 1894, S. 409 – 420 (S. 412); Vgl. auch VON SALIS,<br />

Bundesrecht Bd. IV, Rz. 1661.<br />

1223 So wörtlich STÄNDERAT LIENHARD in der Eintretensdebatte vom 29. März 1894, AB 1894, S. 409 – 420<br />

(S. 412).<br />

1224 ZÜRCHER, Das Anarchistengesetz, ZStR 1894, S. 118 – 128 (S. 127f.).<br />

1225 BURCKHARDT, Kommentar BV, S. 792 (m.H. auf das Sprengstoffgesetz); HALLER, in: Kommentar BV 1874,<br />

Art. 114 (1987), Rz. 7.

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