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Innere Sicherheit Schweiz - Stromversorgungsrecht

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172 Von der Verfassungsrevision bis zum Ersten Weltkrieg (1874 – 1920)<br />

3.4.7.3. Verfassungsrechtliche Diskussion<br />

Während der bundesrätliche Entwurf zum Sprengstoffgesetz noch die Art. 2 sowie 85<br />

Ziff. 2, 7 und 8 BV anrief und in Ausführung des Art. 114 BV 1874 erlassen werden<br />

sollte, erfolgte das vom Parlament verabschiedete Bundesgesetz bloss noch „in Anwendung<br />

des Art. 114 der Bundesverfassung“ 1210 .<br />

Die Berufung auf Art. 2 BV 1874 (Zweckartikel) war in Lehre 1211 und Räten 1212 – nach<br />

der hier vertretenen Haltung zu Recht – auf Ablehnung gestossen. Ob Art. 85 BV 1213 als<br />

Gesetzgebungskompetenz des Bundes herangezogen werden konnte, war in den Räten<br />

zumindest umstritten.<br />

Die Lehre anerkannte zwar gewisse sprachliche Unklarheiten und systematische Unzulänglichkeiten<br />

1214 , wollte aber Art. 85 Ziff. 7 BV 1874 insbesondere nicht als Norm auslegen,<br />

welche in das Verhältnis zwischen Bund und Kantone eingreife 1215 .<br />

Die 1874 in dieser Form neu in die Verfassung aufgenommene Ziff. 2 des Art. 85 wurde<br />

primär jene Bedeutung zugemessen, dass sie die Bundesversammlung unmissverständlich<br />

zur Legislative des Bundes erhebt. Die weiter reichende Frage, ob mit der Bestimmung –<br />

entgegen ihrem in dieser Hinsicht klaren Wortlaut – auch eine Kompetenznorm zu Gunsten<br />

des Bundes geschaffen worden sei, wurde in der Lehre 1216 nicht mehr diskutiert 1217 .<br />

Die Ziff. 7 als Kompetenznorm zu verstehen, wurde von der Lehre ebenfalls aus guten<br />

Gründen abgelehnt 1218 . Gleiches gilt für Ziff. 8 1219 .<br />

1210 Ingress des Sprengstoffgesetzes 1894.<br />

1211 ZÜRCHER, Das Anarchistengesetz, ZStR 1894, S. 118 – 128 (S. 127).<br />

1212 Vgl. dazu die Eintretensdebatte im Ständerat vom 29. März 1894, AB 1894, S. 409 – 420 (S. 412ff.); sowie<br />

VON SALIS, Bundesrecht Bd. IV, Rz. 1661 (m.H. auf die beratende Kommission des Ständerates).<br />

1213 Art. 85 BV 1874: „Die Gegenstände, welche in den Geschäftskreis beider Räte fallen, sind insbesondere folgende: (…) 2.<br />

Gesetze und Beschlüsse über diejenigen Gegenstände, zu deren Regelung der Bund nach Massgabe der Bundesverfassung befugt<br />

ist; (…) 7. Garantie der Verfassungen und des Gebietes der Kantone; Intervention infolge der Garantie; Massregeln für die innere<br />

<strong>Sicherheit</strong>, für Handhabung von Ruhe und Ordnung; Amnestie und Begnadigung; 8. Massregeln, welche die Handhabung<br />

der Bundesverfassung, die Garantie der Kantonalverfassungen, die Erfüllung der bundesmässigen Verpflichtungen zum Zwecke<br />

haben; (…).“<br />

1214 JEAN-FRANÇOIS AUBERT, in: Kommentar BV 1874, Art. 85 (1986), Rz. 6f.<br />

1215 BURCKHARDT, Kommentar BV, S. 679.<br />

1216 BURCKHARDT, Kommentar BV, S. 665ff. oder AUBERT, in: Kommentar BV 1874, Art. 85 (1986), gehen<br />

darauf jedenfalls nicht ein.<br />

1217 Es ist nicht ersichtlich, warum der Passus „nach Massgabe der Bundesverfassung“ ohne klare Begründung ignoriert<br />

werden sollte. Ganz zu schweigen davon, dass bei einem Verzicht darauf die Bundesversammlung selber definieren<br />

könnte, worüber sie legiferieren wollte. Die verfassungsmässige, damit auch demokratisch legitimierte<br />

Kompetenzaufteilung zwischen Bund und Kantonen wäre damit gefährdet.<br />

1218 Für AUBERT, in: Kommentar BV 1874, Art. 85 (1986), Rz. 91, ist es geradezu selbstverständlich, dass auch im<br />

Bereich der inneren <strong>Sicherheit</strong> eine Bundeskompetenz vorausgesetzt werden muss.<br />

1219 BURCKHARDT, Kommentar BV, S. 684; AUBERT, in: Kommentar BV 1874, Art. 85 (1986), Rz. 105.

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