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Innere Sicherheit Schweiz - Stromversorgungsrecht

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Kompetenzaufteilung bezüglich der inneren <strong>Sicherheit</strong> 61<br />

Nach Art. 105 BV 357 hätte die Bundesversammlung an sie gerichtete Klagen „über Verletzung<br />

der durch die Bundesverfassung garantierten Rechte“ an das Bundesgericht zur Beurteilung<br />

weiterleiten können. Die Norm hatte nach der Intention der Tagsatzungskommission den<br />

Schutz der Bürgerinnen und Bürgern vor kantonalen Behörden zum Zweck 358 ; an einen<br />

Einbezug der Bundesorgane hatte zumindest der historische Verfassunggeber nicht gedacht<br />

359 . Zwischen 1849 und 1870 nahm die Bundesversammlung nur eine einzige Überweisung<br />

einer Klage an das Bundesgericht gestützt auf Art. 105 BV vor 360 . In allen anderen<br />

Fällen leitete sie die entsprechenden Beschwerden an den Bundesrat als erste Instanz<br />

weiter (mit der Bundesversammlung als Rekursinstanz nach Art. 74 Ziff. 15 BV 1848) 361 .<br />

Daher hielt der Bundesrat in seiner Botschaft zur Verfassungsrevision im Jahre 1870 fest,<br />

Art. 105 BV 1848 sei durch die Praxis obsolet geworden und solle gestrichen werden 362 .<br />

Auf Grund des in der BV 1848 noch sehr beschränkten Aufgabenkreises fehle grundsätzlich<br />

ein Schutzbedürfnis der Bürgerinnen und Bürger gegenüber der Bundesgewalt 363 . Anstatt<br />

das Bundesgericht zu stärken, hatte die Praxis im jungen Bundesstaat den judikativen<br />

Funktionen des Bundesrates grössere Bedeutung zugesprochen. Dieser beanspruchte für<br />

sich nämlich die Kompetenz, auch letztinstanzliche Urteile kantonaler Gerichte aufzuheben,<br />

wenn er einen Widerspruch zur Bundesverfassung oder zu kantonalen Konkordaten<br />

zu erkennen glaubte 364 .<br />

Das Bundesgericht galt damit von Anfang an als die schwächste der drei Gewalten im<br />

Bund 365 . Aus der Angst vor einer Übermacht 366 wurde das Gericht nur mit den allernötigsten<br />

Kompetenzen ausgestattet 367 und seine Stellung in der Bundesverfassung ausführlich<br />

festgelegt 368 . Zudem waren in speziellen Bereichen weitere Sicherungen vorgesehen<br />

369 , eben etwa durch die Art und Weise der Überweisung der Fälle an das Gericht.<br />

Die schwache Stellung des Bundesgerichts fand ihre juristische Begründung in der Volks-<br />

357 Art. 105 BV 1848: „Das Bundesgericht urteilt im ferneren über Verletzung der durch die Bundesverfassung garantierten<br />

Rechte, wenn hierauf bezügliche Klagen von der Bundesversammlung an dieselbe gewiesen werden.“<br />

358 Zur Entstehung des Art. 105 BV 1848 in der Tagsatzungskommission GIACOMETTI, Verfassungsgerichtsbarkeit,<br />

S. 32f.<br />

359 Vgl. BLUMER, Bundesstaatsrecht Bd. II, S. 90; GIACOMETTI, Verfassungsgerichtsbarkeit, S. 33f.; HALLER,<br />

Das <strong>Schweiz</strong>erische Bundesgericht als Verfassungsgericht, S. 180 – 217 (S. 199); FISCHBACHER, Verfassungsrichter,<br />

S. 16.<br />

360 Nur einmal überwies das Parlament einen grundrechtlichen Fall an das Bundesgericht („Dupré“); dazu<br />

BLUMER, Bundesstaatsrecht Bd. II, S. 85 – 91.<br />

361 NÄGELI, Entwicklung der Bundesrechtspflege, S. 109.<br />

362 Botschaft Revision BV 1870, BBl. 1870 II, S. 665 – 710 (S. 699). Vgl. dazu auch DUBS, Zur Bundesrevision,<br />

S. 23ff.<br />

363 GIACOMETTI, Verfassungsgerichtsbarkeit, S. 34.<br />

364 BLUMER/MOREL, Bundesstaatsrecht Bd. I, S. 289; kritisch zur Ausgestaltung des Rekurswesens unter der BV<br />

1848 insbesondere DUBS, Zur Bundesrevision, S. 23ff.<br />

365 BLUMER, Bundesstaatsrecht Bd. II, S. 53; NÄGELI, Entwicklung der Bundesrechtspflege, S. 43; FISCHBA-<br />

CHER, Verfassungsrichter, S. 15f.<br />

366 Eidgenössische Staatsrechtslehrer und Politiker verwiesen dabei oft auf den U.S.-amerikanischen Supreme<br />

Court als „abschreckendes“ Beispiel.<br />

367 DUBS, Öffentliches Recht Bd. II, S. 80; JOHANN JACOB BLUMER/JOSEPH MOREL, Handbuch des <strong>Schweiz</strong>erischen<br />

Bundesstaatsrechtes, Zweiter Band, 3. Aufl., Basel 1891, S. 52. Zum möglichen, nach 1848 unerwünschten<br />

Einfluss der Verfassungsgerichte auf die Verfassunggebung GIACOMETTI, Verfassungsgerichtsbarkeit,<br />

S. 5f. sowie S. 35.<br />

368 NÄGELI, Entwicklung der Bundesrechtspflege, S. 42.<br />

369 BLUMER, Bundesstaatsrecht Bd. II, S. 52.

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